Charakterisierung der Akteure: Berater, Vermittler und Scouts

Zum Spielerbeobachter / Scout:

Sie tummeln sich Wochenende für Wochenende auf allen möglichen Sportplätzen und in Stadien herum, freiberuflich, aber auch mit festen Beobachtungsaufträgen – immer auf der Suche nach einem neuen Lionel Messi oder Mario Götze. Etliche Kilometer, meist mehr als der Spielerberater, verfahren die Beobachter und Scouts bundes- ja europaweit. Ob freiberufliche oder festangestellte Beobachter, ihre Aufgabe ist ganz klar die Talentsichtung. Einige bekannte und finanziell gut da stehende Vereine leisten sich eigene Scouting-Abteilungen. (Anm. an dieser Stelle, ich habe einige sehr gute Scouts zwischen der 1. Bundesliga und der 3.Liga kennengelernt, die Kontakte stehen, genauso zu den Scouts für internationale Clubs)

Unter den Beobachtern findet man sehr viele ehemalige Fußballprofis und Trainer, die ihr Netzwerk pflegen. Sebastian Greitemann zitiert in seiner Bachelorarbeit (nach Jungheim und Kathmann, 2003): „Es sind  Fußballexperten…die sich mangels anderen Gelegenheiten vorübergehend oder dauerhaft für einen oder mehrerer Auftraggeber gleichzeitig verdingen“. Aus Vereinssicht, so eine Analyse, ist es wesentlich zweckmäßiger und kostengünstiger einen Spielervermittler zu engagieren, der auch auf dem Scouting-Bereich spezialisiert ist. Dieser wird nur bei erfolgreicher Vermittlung bezahlt. Festangestellte wie freiberufliche Berater, Vermittler und Scouts werden immer stärker von international operierenden Spieleragenturen beschäftigt.

In Verruf gekommen ist die gesamte Branche durch „Nebenbei, oder Hintenrum-Extra-Bezahlungen“, den so genannten „Kickbacks“, bei denen sich Verantwortliche, z. B. der Agent im Rahmen eines Geschäfts heimliche Extrazahlungen sichert. Oder, Spielerberater A verhandelt mit Manager B über den Transfer eines Klienten. Manchmal wird der Berater gar ohne Wissen des Klienten, also des Spielers, an der Ablösesumme beteiligt.

Im Juniorenbereich sehr oft der Fall, dass der Berater eine Extrazahlung erhält für die Vermittlung des talentierten Spielers an einen Verein, der eben diesen Juniorenspieler unbedingt im Kader haben wollte.

Kaum einer, der sich offen dazu bekennt, aber es ist sehr üblich in der Branche.

Besonders in den Nachwuchsleistungszentren und Juniorenabteilungen wird der Umgang mit Spielerberatern mit viel Argwohn beobachtet. Etliche Vereine haben bereits Platzverbote für Berater ausgesprochen.

Noch ein Hinweis, und hier ein Dank an Sebastian Greitemann, er schreibt in seiner Bachelorarbeit „Spielervermittler in den Bundesligen“, >>nach §297 Nr. 4 SGB III sind Vereinbarungen unwirksam, die sicherstellen sollen, dass ein Arbeitssuchender sich ausschließlich eines bestimmten Vermittlers bedient. Aufgrund des Verbots von Exklusivvereinbarungen ist die Macht des Vermittlers gegenüber dem Spieler begrenzt. <<

Worauf es immer ankommt: Vertrauen und Vermeidung von Interessenkonflikten

Vertrauen zwischen dem Spieler und seinem Spielerberater/Agenten sind das „A und O“ einer erfolgreichen Zusammenarbeit, was auch immer das Ziel sein mag. Was wichtig ist, weder Spieler noch Eltern dürfen sich jemals unter Druck gesetzt fühlen. Weshalb ich das hier schreibe? Weil mir in den vergangenen drei Jahren immer wieder Klagen zu Ohren gekommen sind, dass Berater den (Junioren-)Spieler subtil unter Druck setzten, besonders wenn dieser, z. B. den Berater wechseln oder auch nur andere Ideen äußern wollte. Ein Unding.

Deshalb gegenseitiges Vertrauen ist die Basis, und eine exklusive Bindung an nur einen Spielervermittler würde also gegen §297 Ziffer 4 SGB III verstoßen.

Der Spielervermittler kann sich daher seiner Bindung an den Spieler niemals sicher sein und ist daher auf ein i n t a k t e s Vertrauensverhältnis angewiesen.

Der Spieler, sowie dessen Eltern, sollen letztendlich immer selbst über anstehende Dinge entscheiden. Der Spielerberater legt, je nach Kenntnissen und Professionalität, Optionen nach bestem Wissen und Gewissen dar und offen, aber die Entscheidung bleibt letztendlich beim Spieler.

Nun sollte jeder selbst beantworten, wem der Berater oder Spielervermittler näher steht, wenn er z. B. einen Auftrag des Spielers hat, einen Verein zu finden, sowie einen anderen Auftrag des Vereins, den passenden Spieler zu finden.

Der Verein zahlt einem Vermittler seine Provision, letztendlich steht der Verein dem Vermittler plötzlich näher. Die Interessenslage des Vermittlers verschiebt sich bei dieser Grundlage.

Zu 80% werden Vermittlerprovisionen von den Vereinen bezahlt.

Plötzlich stehen die Vereinsinteressen im Vordergrund. Dem Spieler wird meist anderes „vorgegaukelt“.

Aus einer aktuellen Studie des CIES Observatory, bei der 269 lizenzierte Spielervermittler europaweit befragt wurden, stellt heraus, dass über 70 Prozent der befragten Berater neben ihrer Tätigkeit als Vermittler Vereine beim Kauf, Verkauf und Scouting von Spielern beraten. Und – nicht immer merkt der Spieler von diesem Doppelspiel. Im wahrsten Sinne des Wortes werden Spieler zum Spielball – des Vereins und des Beraters.

(Warum sollten Beispiele des „Calciopoli“ von 2006 aus Italien nicht auch in Deutschland möglich sein, wo Berater und Trainer gemeinsam Absprachen trafen, Spieler zu platzieren, um deren Ablösesummen über Nacht extrem zu steigern?)

Hier noch einmal mein ernst gemeinter Tipp, statt eines Beraters reicht es oftmals wirklich, einen fachkundigen Rechtsanwalt einzuschalten, denn der hat nur die Interessen seines Klienten, also die Interessen des Spielers im Blick, und diese „parteilich“ wahrzunehmen.

Eine Charakterisierung der Spielerberater, Vermittler, und anderer Akteure

Früher hieß es, woran erkennt man einen Spielerberater oder Vermittler? Man erkennt ihn daran, dass man ihn nicht erkennt. Zurückhaltend, integer und diskret waren Attribute des Auftretens. Bei den wenigen Seriösen ist es auch immer noch so, sie meiden die Medien und den Auflauf von Eltern und anderen Beratern – besonders im Juniorenfußball.

Heute dagegen erkennt man einige (selbsternannte) Berater bereits daran, (und jetzt ein bisschen überspitzt!), wie sehr Sie sich schon modisch in Szene setzen, mit ihren Steppjacken von Barbour und auch Imitaten, stets eine modische Jeans, das obligatorische Halstuch, und entweder die Kahlrasur oder dem gegelten Haar. Die dicke Protzuhr darf nicht fehlen. (Der erste) Eindruck ist wichtig. Oft erkennt man sie daran, dass sie weit nach Spielende vor den Kabinengängen warten oder im Vereinsheim, und die Spieler wie Trainer, oft auch Teambetreuer aufsuchen, manch einer sagte mir, bedrängen. Die Offensive beginnt schon hier. Und in Hotellobbys ist dann das große Stelldichein der Berater just dann, wenn Teams einchecken, bei Heim- wie Auswärtsspielen. Da kommen die Berater, um noch ein bisschen Smalltalk vor dem Spieltag zu führen, und auch, um ggf. weiterempfohlen zu werden. Der Spielerberater steht oft total unter Strom. Klar, nicht jeder, es gibt auch die Souveränen ihrer Zunft, aber die fallen auch wirklich kaum auf, wollen es auch gar nicht. Erfolg und Können spricht sich im engsten Zirkel herum, viele Spielerberater biedern sich oft an, bewerben sich förmlich um die Gunst eines Spielers – die Souveränen und erfolgreichen Spielerberater und Vermittler müssen nur warten, bis die Fußballstars selbst anklopfen, oder einer Empfehlung folgen.

Im Moment sind weit über 6500 Spielerberater weltweit bei der FIFA gelistet. Allein in Deutschland kommt man bereits auf über 500. Davon die meisten lizenziert.

Doch, immer mehr Diskussionen keimen auf, ob eine Lizenz überhaupt notwendig sei.

Nun, sie bürgt zumindest für ein Mindestmaß an Qualität, Ausbildung und Integrität. Es gibt gar ein Berufsehrenkodex der Spielervermittler und Berater – aber leider tummeln sich tatsächlich, besonders ab dem Juniorenbereich U16 (!) , immer mehr unseriöse selbst ernannte Berater auf den Plätzen umher.

Laut Spielervermittler-Reglement ist es auch nahen Verwandten und Anwälten gestattet, die Interessen des Spielers zu vertreten (Art. 1 Abs. 3 SpvR n. F.). Außerdem ist eine Lizenz auch nicht mehr zwingend notwendig, viele lassen daher die Transfergeschäfte über Jemanden mit der Berechtigung zum Verhandeln laufen. Anno 2010 wurden lediglich 30 Prozent aller Transfers von Spielervermittlern und Beratern mit einer Lizenz abgewickelt, Tendenz bis heute eher sinkend.

Geduld bringen die wenigsten Akteure mit, der schnelle Profit geht über alles. In Deutschland herrscht im Vergleich zu den Top-Five-Ligen dennoch die höchste Spielerkonzentration pro Agent und Agentur.

Manch Agent in Deutschland betreut derzeit durchschnittlich 4,2 Spieler. Wie bitteschön soll das mit Wahrung der Qualität gehen? Es gibt Sportler- und Beratungsagenturen, die in ihrem Pool zwischen 15 und 100 Spieler betreuen. Selbst wenn diese Agenturen freiberufliche Berater engagieren, es ist ausgeschlossen, jedem Spieler mit dessen Anforderungen und Wünschen gerecht zu werden – was mir auch schon öfter bestätigt wurde.

Versprechen der Vermittler treten in den Hintergrund, wenn die Karriere und Leistungen stagnieren. Schnell wenden sich die Berater anderen „Zugpferden“ zu.

Finanzieller und zeitlicher Einsatz müssen stets im Einklang stehen. Bekannt ist auch die ethnische Aufteilung und Listung von Spielern, z. B. aus Afrika, aus dem Iran oder Bosnien, bei Agenten und Agenturen, die sich darauf „spezialisiert“ haben – meist sind die Inhaber und zeitgleichen Berater auch aus diesem Herkunftsland. Zumindest aber haben diese Berater einen Migrationshintergrund.

(Anmerkung: Zu den Big-Five-Ligen Europas zählen die Ligen in Deutschland, England, Frankreich, Spanien und Italien)

 

 

 

 

 

Veröffentlicht von

Giovanni Deriu

Jahrgang 1971, Vater, 2 Kinder, lebte lange Zeit in Asien; Dipl. Sozialpädagoge (FH) für Jugend- und Erwachsenenbildung, sowie Biographie-Arbeit. Außerdem: Industriekaufmann und gelernter Journalist. Schreibt regelmäßig für das RUND Magazin und FussballEuropa.com Fünf Jahre als Juniorentrainer tätig gewesen mit Jugendtrainer-Lizenz. In Hongkong die Junioren einer internationalen Soccer-Academy trainiert. Weiterhin als Scout (für Spiele und Spieler) unterwegs. Deriu analysiert für Spieler und Eltern die Spielerberater (und Agenturen), erstellt Profile und gibt Einschätzungen.

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