Junioren-Fußball: Die U17 des FC Bayern München macht letztendlich die Meisterschaft beim VfB Stuttgart klar! Souverän und eindeutig zu niedrig siegte das Team von Tim Walter mit 1:0 in Cannstatt. Bayerns „goldene Zukunft“ muss nur noch ein bisschen geschliffen werden

Ausgelassen hüpften die Spieler nach dem Schlusspfiff im Kreise nah ihrer Auswechselbank – die war leer – alle feierten auf dem Rasen. Die U17 des FC Bayern verspricht eine „goldene Zukunft“, und diese Meinung vertreten etliche Experten. Hier und da muss noch ein bisschen „geschliffen“ werden, aber dieser Spielerkader bringt nicht nur Rohdiamanten, sondern schon ein paar Juwelen mit. Jedenfalls siegten die Münchener Bayern souverän mit 1:0 in Stuttgart. Man müsste ein „Nur“ 1:0 hinzufügen. Die Bayern spielten einfach dominant, ohne aber ihr ganzes Talent oder Potential abzurufen, das merkte man – gegen diesen VfB war es aber auch nicht notwendig. Von den Wasen-Junioren kam einfach zu wenig. Selbst die kurze Drangphase der Stuttgarter, einmal in der ersten Halbzeit zehn Minuten, sowie abermals zehn in der zweiten Hälfte, spulten die Bayern ganz unaufgeregt ab. Da verschoben sich die Spieler dann eben mal schnell von einem 3:4:3-System auf ein 4:5:1. Und der VfB war einfach nicht zwingend genug.  Solch ein Juniorenmatch, zwischen dem VfB Stuttgart und den Bayern, ruft wie bei den Profis zahlreiche Zuschauer auf den Plan. Gut, das Wetter war heute Vormittag recht frisch, aber circa 300 Besucher wohnten der Partie im Robert-Schlienz-Stadion, zwischen dem Nachwuchsleistungszentrum und der Arena, schon bei. Darunter auch ehemalige Größen wie Weltmeister Guido Buchwald, sowie Ex-Profi Egon Flad(heute Spielerberater) und WFV-Auswahltrainer und Ausbilder, Michael Rentschler. Aber nicht nur, auch U16-DFB-Trainer Michael Prus war anwesend, einfach, um sich ein Bild der Teams und Spieler zu machen. Prus‘ Weg führte anschließend noch weit zurück, in den hohen Norden der Republik. Internationale Beobachter, darunter zwei Scouts aus der Lombardei Italiens waren ebenso anwesend.

Bayerns Nachwuchstorwart Michael Wagner hatte in den ersten zwanzig Minuten kaum etwas zu tun. Die Bayern spielten ein flexibles 4:4:2, das aber die meiste Zeit ein 3:4:3 wurde. Die Bayern waren also recht offensiv ausgerichtet, so gar nicht auf abwarten, um zu sehen, was denn der VfB gegebenenfalls unternehmen würde. Man merkte es schon, der VfB unternahm zu wenig. Hier und da zwar ein Anrennen an den ballführenden Bayern-Spieler, aber alles wirkte beim Pressing nicht genug abgestimmt. Es reicht eben nicht, wenn nur zwei Spieler vorn, meistens auf den linken Bayern-Verteidiger das Pressing ausübten. Beim VfB gehörten wirklich nur Umut Günes, David Kajinic und Luca Mack zu den Aktivposten. Stürmer Kevin Grimm mühte sich zwar fleißig, doch außer einem gefährlichen Schuss (der auch noch abgeblockt wurde), und viele Wege, die er umsonst ablief, brachte auch er nicht zustande.

So kam, was kommen musste: die Bayern gingen nach 18 Minuten verdient in Führung. Und bis dahin hatte es bereits ein paar Chancen für die Bayern gegeben, doch in letzter Instanz war die Abwehr um Bastian Frölich und Schuckenböhmer gerade noch da, oder Torspieler Sebastian Hornung parierte zwei Schüsse. Beim Tor aus sechs Metern von Can Karatas war Hornung aber machtlos. Karatas musste nur einschieben, so frei kam er zum Schuss (18.).

Das Tor so genial und präzise vorbereitet hatte: Oliver Batista Meier, die Nummer 11.

Man kann nicht behaupten, dass Oliver Batista Meier ständig am Ball gewesen wäre, zu sehr war auch er auf seiner Seite, der linken, fixiert – so ein Spieler müsste eigentlich viel mehr ins Zentrum oder halblinks einrücken – andererseits, übersahen ihn die eigenen Spieler manchmal auch. Zu viel lief über die rechte Seite. Aber eben just da, wenn Batista Meier am Ball war, machte er auch alles richtig. Und, für die Zuschauer wie für die Fußball-Beobachter, war es ein Augenschmaus, wie Batista Meier den Ball behandelte, Räume für Mitspieler frei schuf, und selbst den Ball auch stets gegen zwei, drei Angreifer behauptete.

Wurde der Linksaußen gefoult, ertrug er es ohne zu „motzen“ mit Gleichmut. Seine präzise Flanke auf Can Karatas jedenfalls, mit Pfeffer und dazu noch flach mit Effet, war quasi zur Hälfte sein eigener Treffer.

Die Ballbehandlung sehr gut, Antizipation, Laufbereitschaft und Zweikampfstärke wären ebenso hervorzuheben. Wobei sich seine Zweikampfstärke dadurch auszeichnete, dass er ohne Fouls auskam, da Oliver Batista Meier dank seiner technischen Fähigkeiten, den Gegner mit einer Körper- und Fußdrehung ins Leere laufen ließ.

Natürlich lebt so ein Spieler von guten Pässen und Zuspielen der Kameraden. Während der VfB zu 90% des Spiels mit einer Dreierkette, bei zügigen Gegenangriffen wurde es dann eine 5er-Kette oder Achse, operierte, und nie so sicher wirkte, ließen die Bayern gekonnt von hinten heraus den Ball laufen:

Alexander Lungwitz sprach sich auf links immer gut mit Batista Meier ab, startete somit auch Flügelläufe, Alexander Nitzl wiederum, eher mittig vor der Kette postiert, sah die Lücken des VfB im Mittelfeld, und versuchte dort schon Pässe auf Daniel Jelisic oder Franck Evina (bulliger Stürmer) steil zu spielen.

Die VfB-Junioren waren zwar bemüht und wirkten insgesamt dennoch lethargisch, als hätten sie eine schwere Woche hinter sich.

(hier Oliver Batista Meier auf seiner Seite; stets lauernd)

Es muss die Frage gestattet sein, seit wann plötzlich wieder so dermaßen extrem, das Einführen der Dreierkette aufgekommen ist. Ob es an Antonio Contes Spielweise mit den Azzurri oder in Chelsea liegt? Klar, bei Proficlubs werden bereits die Junioren auf verschiedene Spielvarianten und Systeme vorbereitet – aber wie so oft, es hängt natürlich vieles von den Spielern im Kader ab (das Wort „Spielermaterial“, macht immer die Runde, auch wenn es eher abwertend klingt). Früher, vor etwa 25 Jahren noch, war das 3:5:2-System ja usus. Dann kam man davon weg, und jeder baute auf und wiederholte wie ein Mantra die „Viererkette“. Diese einzustudieren, das ständige logische Verschieben in Richtung Ballnähe, verlangte auch flexible Intelligenz der Spieler. Jeder war für (s)ein Planquadrat mit verantwortlich, und beim „Verschieben“ rückte jeder quasi ins nächste. Nun, so sagen die Trainer, wechseln die Formationen und Systeme mehrmals im Spiel.

Die Kunst dabei ist, wie bereite ich als Trainer die Spieler darauf vor? Welche Übungsformen können Spielsituationen fast eins-zu-eins vorwegnehmen?

Wie dem auch sei, zurück zum Spiel, aber immer noch im Thema: beim VfB wirkten die Spieler ein Stück weit überfordert, vom Wechsel der Systeme. Zudem, manchmal nur mit einer „Dreierkette“ operierend, wuselten die Bayernspieler nur so umeinander.

Und, hatten die Stuttgarter doch Chancen, ein paar wenige, dann kamen sie selten am bayerischen Abwehrblock vorbei. Sehen sie selbst die Strafraumdichte der Bayern…

 

 

 

 

Es blieb beim 0:1 – und die Bayern feierten ihre U17. Elf Punkte dahinter rangiert der VfB Stuttgart, und nach dem Spiel von heute, auch mehr als verdient. Zwei Spieltage sind in der U17 Bundesliga Südwest noch zu absolvieren…

 

 

 

Veröffentlicht von

Giovanni Deriu

Jahrgang 1971, Vater, 2 Kinder, lebte lange Zeit in Asien; Dipl. Sozialpädagoge (FH) für Jugend- und Erwachsenenbildung, sowie Biographie-Arbeit. Außerdem: Industriekaufmann und gelernter Journalist. Schreibt regelmäßig für das RUND Magazin und FussballEuropa.com Fünf Jahre als Juniorentrainer tätig gewesen mit Jugendtrainer-Lizenz. In Hongkong die Junioren einer internationalen Soccer-Academy trainiert. Weiterhin als Scout (für Spiele und Spieler) unterwegs. Deriu analysiert für Spieler und Eltern die Spielerberater (und Agenturen), erstellt Profile und gibt Einschätzungen.

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