Fußball, Club-Porträt und Biographien, Teil 2: Wer geht schon freiwillig in die Berge? Wo Talente geschliffen werden – eine gute Vorbereitung ist Alles! Oder, leben und kicken, wo andere Urlaub machen. „Im Herzen der Berge – der ASV Natz hebt ab“ – mit Augenmaß und gesunder Planung, soll in Natz Etwas Neues entstehen – vielleicht eine Oase, für junge und hungrige Spieler, die genug Talent haben, um auch weiter wachsen zu wollen? Dafür sorgt Coach Alex Schraffl! Eines ist klar, ohne harte und ehrliche Arbeit geht da droben in Südtirol gar nichts. Mardo Mourera und Oleg Scheiermann möchten diesen Weg gehen…

Zwei Neue, zwei Typen, ein Ziel

Wenn man in Natz dieser Tage über den gepflegten Trainingsplatz blickt, sieht man nicht nur das idyllische Bergpanorama, sondern auch zwei, die sofort ins Auge stechen: Oleg Scheiermann und MardocheeMardo“ Mourera – zwei Fußballer mit einer ganz eigenen Geschichte, Charakter und einem Traum. Und beide haben jetzt ein neues Ziel vor Augen: den Weg über Südtirol in Richtung Profifußball. Und das Zeug dazu, haben beide, wie von einigen Experten, darunter Uefa-Pro-Trainern sowie A-Lizenz-Inhaber analysiert wurde. (Jeder weiß, auch wenn Sandro Palmeri und ich über Jahre ein gutes Auge, auch als Juniorentrainer entwickelten, lassen wir stets Spieler gegenchecken… und jeder weiß auch, manchmal bedarf es andere Wege, um nach vorn zu kommen!)

Oleg – Disziplin, Technik, Willensstärke

Der eine ist gerade mal 18, kommt aus einem gut organisierten Fußballhintergrund – aber hat längst seine eigenen Wege eingeschlagen. Oleg Scheiermann, Defensivspieler mit ausgezeichneter Technik und einem bemerkenswerten Auge für Spielsituationen, hat Stationen bei TSG Hoffenheim, Sandhausen und Magdeburg hinter sich. Früh weg von daheim, früh auf sich allein gestellt – ein Spieler, der gelernt hat, Verantwortung zu übernehmen. Nicht immer lief alles rund, aber auch Rückschläge hauten ihn nicht um, im Gegenteil, er hat einen festen Glauben an sich selbst, es schaffen zu können. Im Testmatch gegen US Lecce, kam es öfter zum direkten Vergleich mit dem Leihstürmer des AC Milan, Francesco Camarda, und Oleg machte auch eine gute Figur, bella figura – auch wenn der deutsche Defensivspezialist zugibt: „Das ist schon ein Guter. Spritzig und schnell, wie alle Profis auf diesem hohen Level…“, aber da möchte Oleg ja auch hinkommen.

Geprägt wurde Oleg Scheiermann vom heutigen FSV-Waiblingen-Sportvorstand Sandro Palmeri, der als Jugendcoach nicht nur Regeln vermittelte, sondern vor allem Charakter formte. Das Ergebnis war danach eine „attraktive Spielweise“, von der man heute noch überregional schwärmt.

„Nicht die Mama packt die Sporttasche. Wer Profi werden will, muss sich selbst organisieren. Sonst Bank – egal, wie gut du bist“, so Palmeri trocken. Das war schon das Motto vor über acht Jahren.

Und genau das blieb hängen. Oleg, einst Teil der legendären U15 des FSV Waiblingen, die selbst Bayern, Juve und Lissabon das Fürchten lehrte, bringt diese Werte nun mit nach Südtirol. Und die Eltern, die damals wie heute dabei sind – unterstützend, aber nie wie die bekannten „Helikoptereltern“, überall hineinreden zu wollen, im Gegenteil – sie vertrauen, und wir vertrauen ihnen. Ihr Junge, Oleg, muss seinen Weg selbst gehen. Und das tut er. Es ist aber schön, wenn die Eltern die ersten Schritte im Ausland begleiten, und mitfiebern – auch mit dem zweiten Probespieler und Sportskameraden.

Mardo – Der Stürmer mit Hunger

Und dann ist da Mardo Mourera, 23 Jahre alt, Stürmer, kongolesische Wurzeln, entdeckt in der Kreisliga rund um Stuttgart, wo man gerne übersieht, wie viele Rohdiamanten eigentlich auf staubigen Plätzen schlummern. Doch Palmeri und Deriu übersehen nichts. Palmeri glaubte immer an Mourera, schon nach seiner ersten Sichtung, auch als viele andere noch dagegenredeten. Giovanni Deriu, stets in Austausch mit Sandro Palmeri und dessen Meistertrainer Catizone beim FSV Waiblingen, analysierte Mardo ausgiebig, und meint auch: „Da ist noch viel mehr Potential – ausschlaggebend wird aber sein, wie sehr sich Mardo auf die Ziele fokussieren kann…“ – genau diese Meinung teilt auch Sandro Palmeri, der Mardo in zahlreichen Gesprächen, auf das neue „gemeinsame Projekt“ vorbereitete.

Mardo, körperlich stark, zielstrebig, torgefährlich, war ein Baustein für den Meistertitel und Aufstieg des FSV. Doch dann kam der Punkt: der Kader muss kleiner werden, so Palmeri. Keine einfache Entscheidung, aber: „Ich musste Mardo neue Wege aufzeigen – denn sein Potenzial ist da. Aber er braucht, eine Bühne.“

Diese Bühne könnte nun Natz sein. Die Mannschaft, echte Südtiroler, hat Mardo und Oleg „super aufgenommen!“

Der Plan: Südtirol als Sprungbrett

Gemeinsam mit Giovanni Deriu, dem Scout und Spielervermittler mit Herz, wurde eine Perspektive erarbeitet: Ein duales Modell aus Fußball und Ausbildung, eingebettet in semiprofessionelle Strukturen, wie sie beim FC Natz nun unter Schraffl und Peintner mit Leben gefüllt werden.

„Es geht nicht darum, Luftschlösser zu bauen“, sagt Deriu, „sondern um konkrete Schritte – Trainingslager, Testspiele, Feedback, Integration.“

Schon beim ersten Probetraining hinterließen beide Jungs Eindruck. Besonders das Testspiel gegen US Lecce, das zufällig während deren Trainingslager in Natz stattfand, war eine Art Standortbestimmung. Und was man hörte: positiv. Sehr positiv. Vor allem aber auch, von der menschlichen Seite.

Ein Verein als Plattform

Der FC (ASV) Natz wird damit zur kleinen, feinen Talenteschmiede – ein Ort, an dem Fußballträume nicht mit Pathos verkauft, sondern mit Bodenhaftung angepackt werden. Ein Klub, der Spielern wie Oleg und Mardo nicht nur Trikot und Kabine bietet – sondern ein echtes Sprungbrett. Es sei aber auch angemerkt, dass in diesem Team noch andere entwicklungsfähige italienische Spieler bereit sind, alles zu geben.

Und wer Schraffl kennt, der weiß: Hier wird niemand verheizt. Hier wird entwickelt.

„Ich bin kein Träumer. Ich bin Fußballarbeiter“, sagt Schraffl. Und das merkt man.

Was bleibt?

Zwei Jungs, zwei Wege, ein Ziel. Und ein Verein, der sich als Heimat anbietet – in einem Bergdorf, wo man sich kennt, sich hilft, aber auch fordert. Wo Holzfassaden nicht nur Hotels zieren, sondern Geschichten erzählen.
Und genau hier – im Herzen Südtirols – beginnt vielleicht das nächste Fußballmärchen. Dass Scouts regelmäßig den Weg nach Natz und Brixen finden, hat sich längst herumgesprochen…

Fortsetzung folgt. Versprochen.

GiD

Probetrainingstage: Nach dem Testmatch Natz-US Lecce, mit Mardos Gegenspieler, Kialo Gaspar

Veröffentlicht von

Giovanni Deriu

Jahrgang 1971, Vater, 2 Kinder, lebte lange Zeit in Asien; Lehrer und Dipl. Sozialpädagoge (FH) für Jugend- und Erwachsenenbildung, sowie Biographie-Arbeit. Außerdem: Industriekaufmann und gelernter Journalist. Schreibt regelmäßig für das RUND Magazin und FussballEuropa.com Fünf Jahre als Juniorentrainer tätig gewesen mit Jugendtrainer-Lizenz. In Hongkong die Junioren einer internationalen Soccer-Academy trainiert. Weiterhin als Scout (für Spiele und Spieler) unterwegs. Deriu analysiert für Spieler und Eltern die Spielerberater (und Agenturen), erstellt Profile und gibt Einschätzungen. ◾⚽ Auch Sportjournalismus, und besonders dieser Info-Blog und diese Website der Porträts und Biographien ist ohne Zeit und Rechercheaufwand (nebenberuflich) nicht zu 'wuppen'. Für kleine Spenden und Unterstützungen sind Wir Euch jederzeit dankbar, auch wenn es nur für einen Espresso an der Bar ist - dort entstehn meist neue Ideen und Storys. Diejenigen, die selbst wenig haben, bitte ich ausdrücklich darum, das Wenige zu behalten. Umso mehr freut mich Unterstützung von allen, denen sie nicht weh tut. Für neue Geschichten und Recherchen, hier die Bankverbindung, IBAN: DE58 6149 0150 1124 9940 09 VR-Bank Ostalb, Schwäbisch Gmünd. Verwendungszweck: Zuwendung

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