Mario Götze und André Schürrle: Zwei Phänomene, die plötzlich stagnieren. Und mit ihnen der BVB! 52 Millionen für fünf Treffer? Die Borussia hat mehr erwartet

Zu kritisch, und vielleicht auch unfair, geht die internationale Presse mit den beiden deutschen Nationalspielern, Götze und Schürrle, um. Besonders die Gazzetta dello Sport findet immer wieder Aufhänger über Statistiken, die das Geld und die Leistungen aufrechnen. Vielleicht ist es auch nur ein Versuch, beide nach Italien zu lotsen, um die eigene Liga aufzuwerten. Jedenfalls gelten beide in Europa als „Flop“, was die Erwartungen des Clubs und der Fans betrifft. Die Gründe ihres Formtiefes liegen aber wahrscheinlich tiefer.

Mario Götze und „Schü“ André Schürrle kommen schon seit Wochen nicht richtig in die „Puschen“. Nicht nur die Fans, besonders aber das Umfeld der Borussia, fragen sich, wann denn endlich die Leistungsexplosion der beiden Weltmeister kommt (?).

Assist von Schürrle, im Anschluss das Traumtor von Mario Götze: so machten sie Deutschland zum Weltmeister vor zwei Jahren in Brasilien. Eine Nation im Freudentaumel. Mit gerade einmal 23 und 22 Jahren am Höhepunkt ihrer Karriere. Dass Götze mit dem Finaltor zur Legende wurde, steht fest, und das, obwohl er bereits damals bei den Bayern unter Guardiola nur Ergänzungsspieler war. Allein der Glaube des Bundestrainers, Jogi Löw, beflügelte Götze, gab ihm Halt in schweren Zeiten.

Beide stiegen auf, und beide fielen wieder tief, wie Zwillinge, manch Experte spricht von einer „symbiotischen Beziehung“. Sie machen momentan dasselbe durch. Finden sich seit geraumer Zeit öfter auf der Bank wieder, denn auf dem Spielfeld.

Bisher sind 16 Einsätze von knapp über 30 Spielen (in allen Wettbewerben) ziemlich wenig, und bei Thomas Tuchel spielt Götze in der Hierarchie kaum eine Rolle. Eher ist es so, dass gar ein Noch-Talent wie Pulisic in Tuchels Gunst (als Teamplayer und Antreiber) höher einzuordnen ist. Viel hatte man sich von Mario Götze in Dortmund versprochen, doch der Rückkauf wird momentan als sehr unbefriedigend eingestuft. Jürgen Klopp, Marios Förderer, wollte ihn nach Liverpool bringen. Vielleicht wäre das eine Lösung gewesen, aber so?

Mario Götze braucht ein familiäres Umfeld, und, ständig in Frage gestellt zu werden, kann auch nerven. Aber, nur Mario Götze selbst weiß, woran er momentan leidet. Das Teenie-Idol (immer noch) ist reifer geworden, kompakter von seinem Körperbau, das Gesicht aber immer noch oft „kindlich“, Kritiker sagen, „rundlicher“, wirkend. Der Körper blockiert, wenn der Kopf nicht frei ist. Vielleicht hat Mario Götze auch zu viel in jungen Jahren erlebt und gespielt – dann das Weltmeisterschatfsfinal-Tor, was könnte, was sollte da noch kommen? Wir vermuten nur, dass Götze gerade eine „Sinnkrise“ durchmacht. Das ist keine Schande, vielmehr ist es schwierig, sich diese auch einzugestehen. Tatsächlich würde man ihm zu einem Wechsel fernab von Deutschland raten, um zu sich selbst, und zu seinem Spiel zurück zu finden…

André Schürrle, ähnliche Situation, er kommt nicht in Fahrt. 30 Millionen gab die Borussia im vergangenen Sommer für ihn aus. Von Chelsea, über Wolfsburg, kam er zu seinen Freunden Mario und Marco Reus nach Dortmund.

In Wolfsburg stand das VfL-Team dem rotblonden Schürrle im Weg: Es spielten Draxler, der ebenso unbefriedigt nach Paris wechselte, und selbst an Spielern wie Ricardo Rodriguez und Luiz Gustavo kam Schürrle selten vorbei. Obwohl er das Zeug dazu hat! Keine Frage. Es verwundert aber sehr, dass Schürrle nicht einmal unter der Führung von Thomas Tuchel, den er noch aus Mainzer Tagen bestens kennt, zu seiner alten Form zurück findet. Kleinere Probleme plagten ihn am Knie, aber auch so wird ihm vorgehalten, dass er zu langsam geworden sei: noch zu Leverkusener Zeiten sei er schneller gewesen, kam er einst auf  34,8 km/h, sind es derzeit nur 33,4 – wie die Gazzetta auflistet.

Sein Talent, genauso wie das von Mario Götze, scheint derzeit verschwunden zu sein. Beide befinden sich gleichzeitig in einem langen dunklen Tunnel, aus dem nur sie selbst den Weg hinaus kennen. Wenn Menschen allgemein, aber besonders Profifußballer (die ja in einer Glitzerwelt leben), schneller reifen, hinterfragen sie auch viel mehr, machen sich einfach mehr Gedanken. Auch über den Sinn des Ganzen. Wenn nicht gar über den Sinn des Lebens. Es kann aber auch einfach daran liegen, dass ihnen die Trainingsarbeit und die Philosophie des Trainers fremd sind. Bei Götze beachte man auch, dass Guardiola und Tuchel ähnliche Sichtweisen des Spiels haben. Bei beiden Trainern stagniert( e)  Götzes Leistung.

Man erinnere nochmals daran, 2014 in Brasilien gegen Argentinien, Schürrles Pass von der Seite auf Götze, kurz gekonnt angenommen, und ins Tor geschlenzt, beide Spieler stiegen auf, in den Spieler-Olymp. Deutschland war Weltmeister! Für beide ein unvergesslicher und kaum zu übertreffender Abend! Doch, kann das schon Alles gewesen sein…?

 

Veröffentlicht von

Giovanni Deriu

Jahrgang 1971, Vater, 2 Kinder, lebte lange Zeit in Asien; Dipl. Sozialpädagoge (FH) für Jugend- und Erwachsenenbildung, sowie Biographie-Arbeit. Außerdem: Industriekaufmann und gelernter Journalist. Schreibt regelmäßig für das RUND Magazin und FussballEuropa.com Fünf Jahre als Juniorentrainer tätig gewesen mit Jugendtrainer-Lizenz. In Hongkong die Junioren einer internationalen Soccer-Academy trainiert. Weiterhin als Scout (für Spiele und Spieler) unterwegs. Deriu analysiert für Spieler und Eltern die Spielerberater (und Agenturen), erstellt Profile und gibt Einschätzungen.

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