Fangen wir bei Mourinho an, dieser Fall ist etwas schneller abgehandelt. Der ehemalige AS Roma- und FC Chelsea- sowie Real Madrid-Coach, nunmehr seit dem Sommer bei „Fener“bahce Istanbul daheim (wie ein Idol frenetisch begrüßt im überfüllten und ausverkauften Stadion), ist beliebt und gut gestartet – okay, in der Champions-League-Quali zwar gegen Lille ausgeschieden, aber in der Türkischen Superliga, führt Fener die Tabelle an…
Nun kam es zu einer interessanten PK, in der „Mou“ so einiges in Frage stellte, was vom Team eigentlich dennoch als fair und sozial angesehen werden könnte, denn sein Team spielt wohl zu ehrlich und nicht abgesotten genug -oder aber, die Spieler haben es nicht nötig, sich fallen zu lassen, wie Schwalben im Sommer... Oder, wie es der ehemalige ManU-Profi und das Idol Ryan Giggs einmal auf die Frage des Reporters formulierte, er hätte sich auch fallen lassen können: „Entschuldigung? Ich bin Profi, und so lange ich dribbeln, und mich auf den Füßen halten kann, werde ich alles versuchen, nicht hinzufallen…“ (frei aus dem Gedächtsnisprotokoll wiedergegeben!) – Also, Mourinho sagte in der, auch für türkische Verhältnisse, skurrilen PK, Pressekonferenz, folgende Dinge: „Die Leidenschaft, die Liebe, der Enthusiasmus passen zu meiner Leidenschaft für den Fussball, total. Dann gibt es andere Dinge, die ich nicht kontrollieren kann, sie sind kulturell», sagte Mourinho nach dem Spiel an der Pressekonferenz.
Und weiter: >> „«Meine Spieler müssen das tun, was andere Mannschaften mit uns machen. Sie müssen Zeit schinden und zu Boden gehen. Sie müssen Verletzungen vortäuschen. Sie müssen das tun, was jede Mannschaft tut», schiesst Mourinho gegen den Rest der Liga.
«The Foreign One»
Der zweifache Champions-League-Sieger habe gemerkt, dass er die Spielweise der Türkei adaptieren müsse: «Es sieht so aus, als müsste ich mich anpassen und nicht umgekehrt. Ich bin derjenige, der angekommen ist, ich bin der Fremde.»
Darum gibt sich Mourinho auch sogleich einen neuen Spitznamen. Der als in der Fussballwelt weitläufig als «Special One» bekannte Portugiese, bezeichnet sich jetzt selbst als «The Foreign One» (deutsch: «der Fremde»).<<
Dass Mourinho weiß, wovon er spricht, kann man nachempfinden und dennoch ist es ja verpönt, zuzugeben, dass bereits in den Juniorenteams, Tricks und Kniffe von den Trainern vermittelt werden, um, nun ja, Vorteile zu ergattern. José Mourinho, zweimaliger CL-Sieger, und in allen großen Ligen trainiert, in England (2x), Spanien, sowie in Italien, einst in Portugal groß herausgekommen, und nun in der Türkei, kennt das internationale Fußball-Alphabet – auf dem und neben dem Feld, Diskussionen mit dem Schiedrichter übernimmt er, und, seine Spieler, zumindest namentlich, sind ihm heilig -in der Öffentlichkeit – ja, „Mou“ beschützt sie. Intern natürlich wird auch Tacheles gesprochen.
Ganz anders, und wiederholt, der „Fall“ Alexander Zorniger. Dass A. Zorniger ein absoluter Fachmann und Experte auf dem Fußballgebiet ist, wird nicht angezweifelt. Der ehemalige VfB-Trainer und gebürtiger Schwabe aus dem Ostalbkreis, führte den Fußballclub RB Leipzig von der Regionalliga in die 2. Bundesliga – anschließend wurde Zorniger in Dänermark mit Broendby Vizemeister und dänischer Pokalsieger. Auf Zypern mit dem FC Appollon sogar Meister – was wochenlange Feierlichkeiten auf Zypern nach sich zog. Zorniger wurde zur Legende. Der schwäbische Fußballlehrer verlangt von sich selbst sehr viel, und von anderen umso mehr ab. Von den Spielern sowieso. Seine offensive Fußballphilosophie, die sich einigen aber nicht so liest (5-3-2), ist geprägt von intensiver Laufarbeit, das Gegenpressing beginnt früh, oder wenn man so mag: Die Defensivarbeit beginnt bereits im Angriff, und die Offensive bereits in der Abwehr – der Ball soll über möglichst wenige Stationen nach vorn weitergeleitet werden, bei Ballverlust, muss das Spielobjekt zügig wieder zurückerobert werden.
Jeder Spieler sollte möglichst Dreiecke mit anderen bilden, den Gegner umzingeln, und zu Fehlpässen verleiten. Auch der Torwart ist fest eingebunden, und auch er sollte den Ball mit den Füßen sauber weiterleiten, ja, den Angriff einleiten können. Komischerweise, aber das nur nebenbei, scheiterte Zorniger als Cheftrainer ausgerechnet beim VfB Stuttgart, irgendwie wirkten die Spieler mit Zornigers System leicht überfordert, und manche Spieler auch mit der offenen und direkten Art ihres Cheftrainers. Nach nur 10 Punkten aus 13 Spielen, musste Zorniger seinen Platz räumen – und wusch beim Abgang auch einigen Feldreportern den Kopf. Fast ein typischer Zorniger. Seine Stärken? Das Spielsystem erklären, und junge willige Spieler führen zu können, dazu sein Selbstbewusstsein. Seine Schwächen? Sein Selbtsbewusstsein, so mancher fügt hinzu, „sein überborderndes…“.
Nun, Alexander Zorniger, eckte bereits in seiner (leider) erfolgslosen Zeit, mit den Spielern an, die seine Vorgaben und sein System nicht professionell genug umsetzen konnten, oder wollten…
In der Saison 2015/16 dann, jeder Punkt wäre für den VfB von Zorniger wichtig gewesen, und als Timo Werner, damals beim VfB, den Ausgleich in fast letzter Minute erzielte, und mitten ins Publikum hinein feierte, … doch lesen Sie selbst hier: >> (…)Von Anfang an ein schwieriges Verhältnis
Als der streitbare Trainer 2015 beim VfB anheuerte, stand das Verhältnis zum damals 19 Jahre alten Eigengewächs von Anfang an unter keinem guten Stern. Am vierten Spieltag bei Hertha BSC strich Zorniger Werner kurzfristig aus dem Kader – aus Leistungsgründen. Die beiden berappelten sich wieder, ehe es am achten Spieltag zum Zerwürfnis kam. Der VfB war in Hoffenheim zu Gast, wo es für die Stuttgarter traditionell wenig zu holen gab. Auch im Oktober 2015 sah es wieder nach einer Niederlage aus. 1:2 lag der VfB bis zur 90. Minute zurück, ehe Timo Werner zum Ausgleich einköpfte.
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Danach nahm das Unheil seinen Lauf. Nach dem Treffer zu 2:2 warf der 19-Jährige eifrig Kusshände in die Luft, was seinem Trainer gar nicht gefiel. Als der Stürmer in der Nachspielzeit die große Chance zum Siegtreffer verstolperte, war Zorniger außer sich. Wie ein Flummi hüpfte er die Linie auf und ab, Werners Jubel-Pose sarkastisch-zornig imitierend. „Er war nach dem 2:2 noch so mit Küsschen-Verteilen beschäftigt, dass der Fokus nicht darauf lag, ihn reinzumachen. (…) << https://www.stuttgarter-nachrichten.de/inhalt.tsg-hoffenheim-gegen-vfb-stuttgart-als-timo-werner-von-alexander-zorniger-laecherlich-gemacht-wurde.62ce6b7f-27bb-4fab-86a0-6e9573609aa4.html
Schon damals fanden das nicht alle Beobachter und Experten sowie Spieler toll, wie emotional Zorniger damals reagierte – offensiv, wie die von ihm verlangte Spielweise! Später ruderte Alexander Zorniger etwas zurück und wollte auch sein Verhalten, reflektiert, etwas relativieren.
- Nun aber wieder so ein Fauxpas von Cheftrainer Zorniger, als Coach der SpVgg Greuther-Fürth
Was geschah nun vor wenigen Tagen, und etwa acht Jahre nach dem Timo-Werner-Eklat in Stuttgart? Klare und drastische Worte des Trainers der SpVgg Fürth, nach diesem Vorkommnis, obwohl zig Mal im Training besprochen und wohl auch einstudiert:
>>(…) Beim Spiel gegen den SC Paderborn liegt die SpVgg Greuther Fürth lange mit 1:0 in Führung. In der 81. Minute unterläuft jedoch Torwart Nahuel Noll (21) ein entscheidender Fehler.
Der Schlussmann will einen Ball wegschießen, wartet jedoch zu lange. Paderborn-Stürmer Adriano Grimaldo (33) sprintet dazwischen, schnappt sich die Kugel und trifft aus rund 15 Metern zum 1:1-Endstand. << https://www.bild.de/sport/fussball/2-bundesliga-fuerth-trainer-alexander-zorniger-geht-auf-seinen-torwart-los-66ca0b1d90df43413dce7981
Zornigers Worte, seine Mimik und noch dazu öffentlich über die medialen Äther geschickt, sorgte für ein Raunen. Nun muss man sagen, und wir kennen „unseren Alex“ schon lange, noch aus seinen Gmünder Zeiten bei der Normannia, oder auch bei Sonnenhof-Großaspach, dass Alexander Zorniger ein durchaus authentischer Mann ist, man weiß sofort, woran man bei ihm ist – um den heißen Brei herumreden, das liegt ihm nicht – andererseits weiß er als Fußballlehrer mit der Uefa-Pro-Lizenz auch, dass Psychologie und Diplomatie im Umgang mit den Medien äußerst wichtig ist. Einen Spieler aus den eigenen Reihen öffentlich anzuzählen, ihn rund zu machen, geht einfach nicht. Das kleine Trainer-Einmaleins. (Nebenbei angemerkt, Zorniger absovierte den 58. Trainerlehrgang zum Fußballlehrer in der Hennes-Weisweiler-Akademie als Jahrgangsbester!)
Sogar andere Spieler, und darunter Bayerns Ersatzkeeper Sven Ulreich, fühlten sich aufgefordert, Zornigers Verhalten zu kommentieren: „Unfassbar solch eine Aussage von einem Trainer in der Öffentlichkeit.“ https://www.neuepresse.de/sport/regional/erinnerung-an-telefonat-mit-enke-darum-ist-ulreich-zornig-auf-fuerth-trainer-zorniger-JPWUENIWAVDXBJYXYWR4H22XLA.html
Zorniger, so sehr man seinen Fußballfrust auch verstehen mag, und er wohl am Verstand und (Spiel-)Verständnis seines Keepers zweifelte, hatte er dermaßen in ein Wespennest gegriffen, die Nachricht machte die Runde…
Immerhin, und auch das zeigt Größe, Alexander Zorniger trat keine 36 Stunden später vor die Presse und Social Media, und entschuldigte sich aufrichtig!
Alles sei aus den Emotionen heraus entstanden, auch, weil die Saison bisher für die Fürther ziemlich gut laufen würde, aber natürlich, so Zorniger, habe er den falschen Weg und das falsche Plenum gewählt, um Kritik loszuwerden…
(https://www.youtube.com/watch?v=Ld6rzuosF0c )
Was meint Ihr? Klar, geht das nicht – Kritik wird nur intern, fair aber in aller Härte, geübt! Dennoch, auch Profitrainer sind nur (einfache) Leute…
Weitere Links zu Alexander Zorniger:
https://www.rund-magazin.de/news/1461/80/Interview-Giuseppe-Catizone
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