Das alles klingt nach faulen Ausreden, denn die Unzufriedenheit der Trainer im U-17-Team war seit langem bekannt. Weshalb es kam, wie es kommen musste: Schon vor Tagen hat Ex-Profi Andreas Hinkel seinen Abschied bekannt gegeben. Die Motive sind in beiden Fällen ähnlich: Hinkel vermisste eine klare Perspektive im Verein. Auch Domenico Tedesco räumt ein, dass die Gespräche mit Jugendkoordinator Rainer Adrion lange Zeit sehr vage blieben. Und als der VfB Stuttgart dann endlich mit einer klaren Offerte um die Ecke kam, war es zu spät. „Das Angebot von Hoffenheim lag schon längere Zeit auf dem Tisch“, sagt Tedesco. Er entschied sich, die Farben zu wechseln. Der Nachwuchstrainer wird in der neuen Saison seine Ausbildung zum Fußball-Lehrer an der DFB-Trainer-Akademie beginnen. Und in Hoffenheim halten sie während dieser Zeit eigens die U16 für ihn bereit. Ursprünglich hatte Tedesco geplant, als Trainer des VfB die Schulbank in Köln zu drücken. Weshalb er schon währen der Winterpause einen Rollentausch für die nächste Saison vorgeschlagen hatte. Sein Assistent Andy Hinkel hätte die Chefrolle übernommen, Tedesco ihm während der Zeit seiner Ausbildung als Co-Trainer zur Seite gestanden. Auf eine Reaktion von Adrion, ob positiv oder negativ, warteten die beiden offenbar vergeblich. „Dass Domencio geht, ist sehr bedauerlich“, sagt der Sportliche Leiter jetzt, „er ist ein Trainertalent, das wir gerne behalten hätten.“Zu spät. Nun ist ein ehemaliger Freiburger Jugendcoach als Nachfolger für Tedesco im Gespräch: Sebastian Gunkel, ehemals Trainer der SC-A-Junioren. Er lässt im Übrigen den Fußball spielen, den auch Tedesco lehrt.<<
Nun kann man zur Spielweise der U17 des VfB stehen wie man mag, und Trainer Tedesco muss bestimmt noch einiges lernen, aber seinem Alter entsprechend ist er einer der Junioren-Trainer-Nachwuchshoffnungen, der wohl seinen Weg gehen wird. Immerhin hat er sich wohl von (es immer gut meinenden?) Einflüsterern befreit – er hat sie schlichtweg ignoriert.
Tedesco ging mit Co-Trainer Hinkel seinen Weg mit der Mannschaft, die ihm auch folgte – klar, dass Auswechselspieler mitunter sehr unzufrieden sind, doch auch diese konnten beide Trainer immer wieder mäßigen und in das Kollektiv miteinbeziehen.
Wer oder was sind Einflüsterer: Neben ambitionierten Eltern, die sich bei Junioren-Bundesliga-Teams aber meist doch zurückhalten (müssen), sind es bereits in der Altersstufe U15 bis U19 Berater und Scouts (oder beides in Personalunion), die sich ständig auf den Sport- und Trainingsplätzen der jeweiligen Teams aufhalten. Den Trainern und manchmal (Gott sei Dank selten) auch den NLZ-Leitern in den Ohren liegen, und manchmal auch „unmoralische Angebote“ machen, um den einen oder anderen Spieler ins das Team hineinzureden. Dieses Thema wurde bereits an anderer Stelle thematisiert, und viele andere Experten, mit denen ich mich vertrauensvoll austausche, sowie ich selbst, wollten es anfangs nie glauben, wozu Trainer und Jugend- oder NLZ-Leiter hin- und wieder neigen…
Zusammengefasst: Welcher Bundesligist könnte es sich leisten, zwei Trainertypen wie Hinkel und Tedesco einfach ziehen zu lassen? Der VfB eigentlich als letzter, besonders weil es bei den Profis schlechter läuft, müsste ein Fokus erst Recht auf die, in der Vergangenheit sehr erfolgreiche, Jugendarbeit gelegt werden.
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Der Mai, ist nicht nur bekannt für den „Tanz in den Mai“, sondern auch ein „Heißer Tanz“ für Clubs und Junioren, wenn die Kader-Zusammenstellung erfolgt und viele Probetrainings und Sichtungen über die Bühne gehen.
Bereits ab Mitte April machen einige Vereine Spieler „dingfest“, lang genug wurde (meist seriös) um Talente gebuhlt. Anfragen für Probetrainings und Sichtungen flattern den Trainern und NLZ-Leitern via Email und Social Media ins Haus. DVDs zur Vorab-Sichtung sind auch oft dabei, es reichen aber auch die Links zu den Sequenzen auf Youtube.
Den meisten Clubs zwischen 1. Bundesliga und den Regionalligen unterstelle ich, dass sie ein gut funktionierendes Scouting-System haben, und schon frühzeitig talentierte Spieler im Fokus haben. Freiberufliche Scouts (so wie auch meine Person) gehen Aufträgen von Clubs und öfter von den Eltern und Spielern selbst nach (Hier noch einmal, man kann es nicht oft genug erwähnen: Als Dipl.Sozialpädagoge und gelernter Journalist habe ich noch nie den Spieler direkt kontaktiert, wenn ich von Talent und Spielweise überzeugt war, sondern I M M E R über die Eltern – ist mit ein bisschen Recherche verbunden / auch ich habe (m)eine Reputation zu wahren).
Wichtig ist auch immer, dass man den Spieler und mögliche Clubswünsche gut analysiert. Nicht nur die fußballerischen und physischen Daten des Spielers, sondern auch die charakterliche Komponente – genauso sollte man das Gefüge und den Trainer des Wunschclubs kennen.
Schon oft musste ich kritisch hinterfragen, ob das wirklich passen würde,
Team und Spieler müssen einfach passen – und dann steht ja immer noch das Probetraining an.
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Es ist auch wieder die Hoch-Zeit der Berater, die Spieler, querbeet, wie „Sauerbier“ anbieten. Fakt ist doch auch, dass sich die Clubs und NLZ-Leiter oftmals in ihrem Netzwerk selbst austauschen.
Viele Berater, wenn auch nur eine kleine Provision vor Augen, spezialisieren sich z. B. auf dunkelhäutige, aus Afrika stammende Spieler (die zwar hier geboren sind), und versprechen Ihnen das Blaue vom Himmel. Die Eltern werden erst später mit ins Boot gezogen. Da sind plötzlich „utopische“ Clubs im Gespräch, die diesen Youngster nie einladen würden – und es auch nicht tun.
Mehrmals sagten mir Eltern aber auch Trainer, dass Berater, oft auch über-ambitionierte Eltern Geld anböten, um den jeweiligen Spieler oder Sohn im Team zu sehen… Hier, wie immer, zwischen Wahrheit und Bluff?
Mitnichten: drei Juniorentrainer zwischen Niederrhein und Bayern bestätigten mir, dass auch sie schon unmoralische Angebote erhielten.
Bei Empörung der Trainer, wurde es schnell als (schlechter) Scherz deklariert!
Manche Trainer aber werden wohl nachgiebig, weil sie selbst nicht viel verdienen oder hohe Balastungen haben.
Keine Entschuldigung, aber zu Zeiten, wo viele in Deutschland sparen müssen, wird der eine oder andere wohl „umkippen“. Schade. Denn, (nicht nur) als Juniorentrainer muss man immer integer bleiben.
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Summasummarum bin ich froh über jeden seriösen Trainer- und Scout, sowie NLZ-Leiter-Kontakt zwischen 1. Bundesliga und unteren Ligen, im In- wie Ausland, wenn die Freundschaft und Bekanntschaft trotz (oder gerade bei) Kritiken nicht leidet. Kontruktive Kritik muss im Fußball jeder abkönnen.
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An dieser Stelle auch ein großes Lob an all die Spieler, die vielleicht in diesen Tagen erst einmal eine negative Nachricht zu verarbeiten hatten: „Nein, tut uns sehr leid, aber wir können Dich /wir können ihren Sohn… leider nicht weiter übernehmen! Er hat zwar das Talent, aber bei uns…“ usw. usw.
Das professionell weg-zu-stecken zeigt wahre Größe, nicht an sich zweifeln, sondern zu fragen, was und wo kann ich mich verbessern?
Nach vorne zu gucken und selbst zu sagen: „Ist zwar schade, aber ich werde mich weiter entwickeln…“ Das JETZT ERST RECHT ohne Groll muss der Begleiter sein.
In diesen Phasen sind Berater oder Karrierebegleiter wirklich gefragt.
Mit allen die jetzt weiterkämpfen bin ich mit diesen Zeilen verbunden.
Danke auch an die Eltern, die mich kontaktierten, für ihre Offenheit!