Die Freiburger Fußballschule lebt, und mit ihr meinen wir hier nicht die eingerichtete Institution „Fußballschule“, sondern vielmehr die „Freiburger Fußballphilosophie“, die natürlich auch an der hauseigenen Akademie weiter belebt wird – noch aus Zeiten des Trainers Volker Finke. Dass sich die Fußballschule am Möslestadion seit 2001 einer wachsenden Beliebtheit bei Talenten erfreut, verwundert gar nicht. Der Freiburger Fußball wurde einst von Lehrer und Oberstudienrat Volker Finke kreiert. Finke, eine Club-Ikone bis heute, prägte den SC Freiburg wie kein anderer Trainer. Von 1991 an lenkte Finke als „Allrounder“, wie ein Teammanager und Trainer, die Geschicke der Freiburger. In 16 Jahren bis 2007 stieg Finke mehrmals auf in die 1. Bundesliga und auch wieder ab, erreichte gar den Uefa-Cup, und sorgte allgemein dafür, dass der SC Freiburg bis heute für einen ganz speziellen Fußball steht. Dazwischen waren Robin Dutt und auch Marcus Sorg als Cheftrainer verantwortlich, doch so richtig emotional „wieder belebt“ wurde der SCF durch Fußballlehrer Christian Streich, einem echten Original, obwohl er das gar nicht über sich lesen mag. Streich forciert Finkes Erbe des attraktiven Freiburger Fußballs bei kleinem Budget. Ganz nebenbei, die „Freiburger Fußballschule“ wurde gleich mehrmals vom DFB ausgezeichnet. Viele Schüler und Talente fanden bereits den Weg in den Profikader. Ein Lehrbeispiel guten Fußballs zelebrierte die U17 des SCF heute bei den Bayern. Intelligenter Fußball zum Zungeschnalzen. Und ein paar Talente aus diesem Kader könnten es einmal auch weit bringen. Mit 4:1 siegten die Freiburger in München.
Immerhin ist die Autobahn gen München früh morgens am Sonntag nicht sehr befahren, wir kamen gut durch, und hatten vor dem Anpfiff an der Säbener Straße noch Zeit. Fleißige Betriebsamkeit herrschte auch bei den „großen Bayern“, Ancelotti bat zum „nicht öffentlichen“ Training mit ein paar Profis, aber die rund 200 Zuschauer, die dem U17-Spitzenspiel beiwohnten, lugten hin und wieder neugierig zu den Profis.
Das frostige Wetter um 11 Uhr schien den Talenten aus Freiburg weniger auszumachen, als den Bayern-Spielern, und man wollte kaum glauben, dass hier die abstiegsgefährdeten Freiburger beim Tabellenführer gastierten. Einige Freiburger Spieler dazu noch dem jüngeren Jahrgang angehörend, spielten unbekümmert auf.
Mit hoher Lauffreudigkeit und Intensität im Pressing startete der SCF von Trainer Matthias Brosamer von Beginn an. Die Bayern mussten sich erst einmal sortieren, da standen ihnen die jungen Freiburger bereits auf den Füßen. Stets zu dritt attackierten die Breisgauer den ballbesitzenden Münchner Spieler. (War das nicht Guardiolas Philosophie einst in München? In der Jugend scheint das nicht angekommen zu sein). Die erste aussichtsreiche Chance vor dem Tor der Bayern nutzte auch gleich Simon Estifanos, Nummer 7, in der sechsten Minute. Eine Lücke, ein Blick, ein satter Schuss in die lange Ecke, 0:1. Freiburg führte und Bayerns Torwart und Nachwuchshoffnung Christian Früchtl, bekommt wohl einen Profivertrag, war geschlagen. Seine 193 Zentimeter streckten sich vergeblich.
Bei den Freiburgern sorgten eben Estifanos, Enzo Leopold, sowie Simoes Antunes immer wieder für gefährliche Aktionen, die daraus resultierten, dass sie permanent die Bayern schon im Aufbauspiel störten.
Dahinter achteten Nicolai Placzek und Yannick Keitel darauf, dass auch im Mittelfeld der Raum schnell eng gemacht wurde. Kurz, die Bayern kamen kaum ins Spiel. Egal wohin Marcel Zylla oder Tobias Heiland den Ball auch passten, schon waren mindestens drei Freiburger, ein Dreieck bildend, zur Stelle, und wieder war der Ball futsch. Die Freiburger schwärmten aus.
Die Frage war nur, konnten die Freiburger diese Intensität des Forecheckings durchhalten? Sie konnten…
Coach Matthias Brosamer „pushte“ sein Team stets nach vorne, „Press, press“, die Signalworte, und auch die Auswechselbank war hoch aktiv dabei.
Die Bayern starteten mit einem 4:3:2:1, und die Freiburger vertrauten einem variablen 4:4:2, das auch oft zum 4:3:3 wurde, höchst offensiv.
Weiterer Pluspunkt der Freiburger, auch die Abwehrspieler wie Risch, Moser und Jonas Fritschi, trieben das Spiel von hinten technisch sauber nach vorn. Antunes und Leopold waren immer in Bewegung. Und die Bayern? Das Freiburger Spiel setzte ihnen zu, sie agierten ideenlos.
Den SCF brachte auch nichts aus der Ruhe, selbst als Schieds- und Linienrichter statt auf Ecke, glatt falsch auf Abstoß entschieden.
Torwart Früchtl verhinderte etwas später mit einer Glanzparade das 0:2 durch Keitel.
Dann war Halbzeit, und die Bayern mussten zur Kabinenansprache.
Die Pause war keine vier Minuten beendet, da schlug Freiburg wieder zu, 0:2 aus Bayern-Sicht. Fast die Vorentscheidung, der Kopfball Keitels saß.
Bayern drückte nun mehr, Trainer Tim Walter ruderte mit den Armen, und tatsächlich fiel der Anschluss: 1:2 nur noch, Marcel Zylla mit einem Volleyschuss aus etwa 15 Metern.
Und nun die Erkenntnis des Spiels, und wie die Freiburger die Drangphase der Münchner sehr gut auskonterten, und gar Kräfte sammelten:
Die Bayern hatten etwa 15 Minuten Oberwasser, kamen meist über die rechte Seite nach vorn, doch sie agierten ideen- und konzeptlos. Zu dicht gestaffelt standen die Freiburger, und das Kurzpassspiel wurde schnell unterbunden, andere Ideen hatten die Münchener nicht. Zu phlegmatisch agierten auch die Mittelfeldspieler, zu statisch. Und die Freiburger U17? Die lief nicht viel, machte dafür die Räume geschickt eng, sammelte somit gar Kräfte für die gefährlichen Konter.
Und diese Konter saßen noch zweimal! 1:3 Antunes, und das 1:4 durch Enzo Leopold. Eiskalt und schnell schlugen die Freiburger zu.
Der Freiburger Anhang durfte feiern.
(Typische Spielszene zwischen Bayern und dem SC Freiburg)
„Nicht derjenige auf einer festen Position, sondern derjenige mit dem kürzesten Weg geht in den Zweikampf oder fordert den Ball. (…) – Unser Spielsystem hat den entscheidenden Vorteil, dass man -was die Laufwege betrifft- auf der einen Seite ökonomischer spielt, (…) und auf der anderen Seite, in der Nähe des Balles immer mit einem Spieler mehr vertreten sein muss.“ (Volker Finke, ehemaliger SCF-Trainer)