Der Aufschrei ist wieder einmal sehr groß, weil der italienische Calcio Mercato im heißen August glüht und wieder neue Transfermaßstäbe, in Millionen von Euro, gesetzt hat. Immense Geldflüsse schwappten durch Italien, innerhalb der Serie A, aber auch aus England für Paul Pogba. Und dass in der englischen Premier League die Millionen, auch für Startrainer, sowieso lockerer sitzen, ist bekannt. Doch der Wert eines Spielers wird seit Jahrzehnten diskutiert, auch in Deutschland. Seit Mitte der 80er Jahre sind die Ablösesummen und Gehälter „explodiert“, Higuaìn wechselte vom SSC Neapel zur „Alten Dame“ Juve für plusminus 90 Mio Euro, Juventus erhält eine dreiteilige Ratenüberweisung für Paul Pogba, insgesamt über 104 Mio. Lionel Messi wird mit 120 Millionen taxiert, Ronaldo mit 110, Neymar mit 100, Thomas Müller und Robert Lewandowski liegen immerhin bei 75 Mio Euro. Mesut Özil und Sami Khedira waren einst beim Wechsel zu Real Madrid mit knapp 15 Mio „echte Schnäppchen“, immerhin liegt Arsenal-Spieler Özil bei 50 und Khedira bei 35 Millionen Euro. Auch transfermarkt.de arbeitet nur mit geschätzten Zahlen, die aber nah an der wirklichen Summe sein dürften, denn Informanten gibt es immer. Wie bereits an anderer Stelle hier im Blog erwähnt, ist irgendwann der Koeffizient für die Berechnung logischer Ablösesummen verloren gegangen, bzw. er wurde bewusst ignoriert. Nicht nur Thomas Tuchel, Jürgen Klopp und Arséne Wenger warnen vor einem implodierenden Markt. Klar, dieser regelt zwar alles, doch die Fans haben somit auch das Recht, für ihren Einsatz, Leistungen der Stars einzufordern. Die Stadiontickets und Trikots sind teils übertrieben teuer. Es wird sicherlich zu mehr Unmutskundgebungen (aber bitte ohne Gewalt) enttäuschter Fans kommen, wenn der Erfolg ausbleibt.
Die heiße Transferphase, die noch bist zum 31. August andauert, ist schlichtweg „überhitzt“. Gegenüber den Transfers von Higuaín und Pogba lesen sich die „läppischen“ 38 Millionen Euro, die der FC Bayern für Mats Hummels an die Borussia überwiesen hat, wirklich wie „Peanuts“. In Italien, auch unter den erfolgsverwöhnten Juve-Fans, sorgte der Higuaín und Pogba-Wechsel für viel Wirbel und Diskussionen auf allen Radionstationen, in Sportsendungen des Fernsehens sowie in den täglichen Sportzeitungen. Higuaìn, immerhin schon 28, wurde als viel zu teuer eingestuft von der Juve-tifoseria. Pro und Contra auf allen Kanälen, man habe, so das Juventus-Management, einfach den besten Stürmer haben wollen. Der argentinische Stürmer traf seit drei Jahren en masse in Italien, zuletzt in allen Wettbewerben 38 Mal. Und das in der defensiven Serie A. Immerhin wird Higuaín teils mit den Millionen für Paul Pogba finanziert, der nun neben Ibrahimovic für die ManU-Elf von Mourinho aufläuft. Pogba spielte bereits bei Manchester United, wurde dort ausgebildet, verkauft nach Italien, und nun für das Fünffache zurückgeholt. Nebenbei kassiert der umtriebige Berater Mino Raiola, Ibrahimovic und Pogba setzen auf dessen Geschäftssinn, geschätze 35 Mio €, allein für Pogba erhält Raiola – der sein Handwerk und sämtliche Ligen beherrscht – 25 Millionen Euro Provision. Raiola klotzt richtig, und wie Neureiche oft sind, zeigte er in den Medien gleich Fotos seines neuen Anwesen samt Villa in Los Angeles: Raiola erwarb die Villa des einst bekannten Mafia-Boss‘ Al Capone in Miami. So kann man auch eindeutig „zweideutige“ Zeichen setzen. Doch seinen Job versteht der Italiener bestens.
Seit die, auszuschüttenden, Fernsehgelder im Fußball gestiegen sind, und die Trikotverkäufe der Clubs weltweit für Rekordzahlen sorgen (und das jährlich), scheinen auch bei den Ablösesummen und Gehaltsforderungen für Spitzenstars keine Grenzen mehr zu existieren. Einige Clubs sind noch gar nicht flüssig, kalkulier(t)en aber bereits kommende „Gewinne“ ein, um eine Ablösesumme sowie das Gehalt zu stemmen. Manchester United, der größte Traditionsclub Englands, mit weltweit um die 50 Millionen Fans und Mitglieder, weiß genau, wie sich das Geld für den 23-jährigen Franzosen Paul Pogba wieder amortisiert. Dort sitzen, wie bei allen Proficlubs, Investoren und Manager an Bord. In Italien und anderswo fragen sich (nicht nur) Experten, was denn Klauseln im Vertrag bringen, wenn am Ende, noch vor Ablauf des Vertrags, der Spieler dennoch wechselt? Neapels Präsident und Eigner, Aurelio de Laurentiis, musste sich bei den eigenen Fans und in der Fußballszene gleich mehrmals rechtfertigen:
„Die Klausel gelte einfach zum Schutze und zur Sicherheit des Clubs. Es wäre mir lieber gewesen, Higuaín hätte seinen Vertrag noch zwei Jahren bei uns erfüllt, aber genau deshalb hatten wir diese Klausel, dass wir ihn nur bei einer gewissen Summe ziehen lassen werden… müssen“, de Laurentiis, der ein Film- und Kinoimperium leitet, fügte hinzu: „Wir hätten doch nicht ahnen können, dass uns ein Club, nun eben Juventus, dieses Angebot macht!“ Mit der hohen Ablösesumme habe man also eher andere Vereine „abschrecken“, sich aber gleichzeitig auch absichern wollen.
Als clever lobten die einen den neapolitanischen Mäzen, die anderen beschimpften ihn aber auch Juventus Turin als „dumm und geldgierig“.
Wie dem auch sei, die Spieler erhalten, wenn sie aus dem laufenden Vertrag wechseln, zwar kein „Handgeld“, aber dennoch ein üppiges Gehalt. Higuáin muss nun auch bei Juve zeigen, das er treffen kann, und das, neben Mario Mandzukic im Team.
An anderer Stelle hier im Blog wurde schon die Frage aufgeworfen und erläutert, wie sich denn in etwa Ablösesummen, Transferwerte, generieren, wie kommen diese seriös zustande? Auf eine Nachfrage vor anderthalb Jahren konnten uns selbst die Experten von transfermarkt.de keine Erklärung liefern, auch ein Koeffizient, wie er vor Jahren noch bestand, war nirgends bekannt.
Die 100 wertvollsten Spieler:
http://www.transfermarkt.de/detailsuche/spielerdetail/suche/340792
Nicht falsch verstehen, natürlich gönnen wir es jedem Spieler und dessen Berater, wenn er das Beste aus seiner Karriere macht, und fair verhandelt wird auf dem Markt. Doch oft sind die Ablösesummen und Transferwerte nicht „logisch“ zu erklären, meistens fast nur „marketingtechnisch“ zu begreifen. Denn, so müsste man vielleicht doch alle Spieler anhand der Positionen, und dort auf den Positionen anhand der teuersten Spieler vergleichen (?). Stürmer mit Stürmern, Mittelfeldspieler mit Mittelfelspielern, Abwehrspieler mit Abwehr…
Das Nonplusultra unter den Stars und Großverdienern, die aber auch schon viel gewonnen haben, sind ganz klar: Lionel Messi und Cristiano Ronaldo.
Viele Fans fragen, was rechtfertige wirklich einen Wert von 50-Millionen-Euro aufwärts? Die Wichtigkeit für den Verein? Erfolge, die sich mit dem Spieler zu 90% einstellen werden? Wer weiß das schon, natürlich gibt es im Fußball viele Eventualitäten.
Immerhin gibt es eine (im Internet neu aufgeführte, und 2003 entstandene) wissenschaftliche Ausarbeitung, die sich sachlich und tief mit dem Thema „Preisdeterminanten bei Spielertransfers in der Fußball-Bundesliga“ beschäftigt. Sie ist als theoretische und empirische Analyse beschrieben – enstanden an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster, von Dipl.Kaufmann Maurice Eschweiler und Politikwissenschaftler Matthias Vieth.
Sie beschäftigen sich mit den Entwicklungen der Transfersummen und, ganz interessant, mit den „Erklärungsfaktoren der Transfersumme“.
Darin heißt es, „Empirische Analysen des Transfermarktes sind bisher hauptsächlich für den englischen Profi-fußball durchgeführt worden“.
Was auch zeigt, dass im Mutterland des Fußballs, aber auch schon während der 80er Jahre mit dem Einzug von Silvio Berlusconi und seinem Geschäftsimperium (Medien) in Italien, der Fußball immer stärker als „gewinnbringendes“ Business erkannt wurde. In England boomt der Fußballsport total, und längst haben (noch) reichere asiatische wie arabische Mäzene diese Marketing-Plattform der „Emotionen“ erkannt.
Zurück zum Text und zur Analyse von Eschweiler/Vieth, die genau das besagt, was wir oben und in anderen Artikeln hier bereits aufführten:
= Gegenwartswert des Wertgrenzprodukts von Spieler X bei Verein V Gleichung (3) stellt die Untergrenze der Ablösesumme dar.“ <<
Eine hochinteressante Ausarbeitung! Die Formeln sind auch ersichtlich, nur für „Otto-Normalverbraucher“ nicht immer leicht verständlich.
In der Analyse wird auf vereinsinterne Determinanten eingegangen, und natürlich auch auf die der Spieler, und lassen Sie sich, liebe Leser, nicht vom Wort „Humankapital“ abschrecken – schließlich reden selbst viele Trainer vom geeigneten „Spielermaterial“:
>> „Fußball ist ein Mannschaftssport, bei dem jeder Spieler zur Erfüllung der Gesamtaufgabe beiträgt. Daher ist zunächst nicht unmittelbar ersichtlich, warum auf bestimmte Spielerpositionen spezialisierte Spieler wertvoller sein sollten als andere. Dennoch fällt bei Beobachtung des Transfermarktes auf, dass vor allem für Mittelfeldspieler und Stürmer höhere Transferentschädigungen gezahlt werden. Die in der Literatur angestellten humankapitaltheoretischen Überlegungen zielen auf den Spezialisierungsgrad der verschiedenen Positionen ab. So besitzt ein Torwart aufgrund des höchsten Spezialisierungsgrades ein geringeres Humankapital als Feldspieler. Mittelfeldspieler gelten hingegen als die flexibelsten Spieler. Die bezüglich der Transfersumme durchgeführten empirischen Untersuchungen führen jedoch zu keinem einheitlichen Ergebnis.