Taktikfüchse, die einst auch Praktikanten waren

PRAKTIKANTEN

Wie hat der das gemacht?

Arrigo Sacchi hospitierte bei Ernst Happel, Ralf Rangnick schaute sich Arsène Wengers Training in London an: Selbst im Spitzenfußball waren große Trainer mal Praktikanten. Von Giovanni Deriu.

 

Ralf Rangnick
Taktikfachmann und RB-Sportdirektor Rangnick

Die Generation Praktikum ist im Fußball ein alter Hut: Angehende Fußballlehrer und bereits die Teilnehmer der Vorstufe, die A-Lizenz-Anwärter, müssen zwei bis drei Monate bei Bundesligisten hospitieren. Auch ehemalige Profis wie Bruno Labbadia, Mehmet Scholl oder Stefan Effenberg standen als Praktikanten am Spielfeldrand. Am beliebtesten ist Arsenal London mit seinem Coach Arsène Wenger: Matthias Sammer, Felix Magath und Ralf Rangnick hospitierten bei Arsenal und beobachteten Wengers Training und Umgang mit den Spielern.
 
Jeder angehende Fußballlehrer lernt, dass der Trainer seine Spieler kennen und analysieren muss, welches Konzept am besten zu ihm passt. Nichts ist schlimmer, als eine undefinierbare Handschrift des Trainers, und ein Konzept oder Spielsystem, das die Mannschaft total überfordert. Im Profi-Fußball bleibt keine Zeit, um den Schaden zu beheben.
 
Ralf Rangnick perfektionierte das Pressing und Spiel gegen den Ball, weil er es verstand, die Eindrücke und Erlebnisse seiner Beoachtungen (teilweise auch stundenlang am Fernseher) des AC Milan von Arrigo Sacchi in den späten 80ern zuerst auf den Amateurfußball (SSV Ulm) herunterzubrechen, um ihn dann später noch besser in der Bundesliga zu praktizieren.

Mehrmals gab Rangnick zu, dass das Milan-Team als Schablone galt, ebenso Zdenek Zemans US Foggia. Die schaute sich Rangnick während seines Urlaubs in Südtirol im Trainingslager an. Sein Schlüsselerlebnis war als Rangnick als Spielertrainer von Viktoria Backnang gegen Lobanowskis Kiew spielte. Rangnick dachte immer, das Team von Kiew habe drei Mann mehr auf dem Platz. Als die damalige  UDSSR dann in Stuttgart 1988 während der EM auch noch die Italiener vorführte, schwärmten alle vom Forechecking und Pressing der Russen – dieses Spiel kostete aber Kraft, im Finale von München siegten die Holländer 2:0 gegen die UDSSR. Gerade Goalgetter Marco van Basten und Ruud Gullit aus der Ajax-Schule waren fast ein Jahrzehnt mit verantwortlich für Milans Erfolge unter Arrigo Sacchi und Capello. Letzterer übernahm Sacchis Taktik, jedoch wiederum eine Prise defensiver. Einengen der Räume, wenn der Gegner am Ball war, schnelles Kurzpassspiel und plötzliche Steil- oder Diagonalpässe aus dem Nichts, Rangnick kopierte vieles von Sacchi, und schon war das Märchen der TSG 1899 Hoffenheim geboren. Ganze Heerscharen angehender Trainer aus Japan und China wollten Rangnicks Wunder-System in Sinsheim hautnah miterleben.
 
Egal ob Valerij Lobanowski oder Arrigo Sacchi, auch sie waren gute Beobachter und immer offen für neue Ideen. Ernst Happel, längst verstorben, und immer noch eine Legende in Hamburg, war seiner Zeit voraus, das gaben die Italiener gern zu, denn Ernst Happel holte den Henkel-Pott, damals der Landesmeister-Cup, 1983 gegen die favorisierte Elf von Juventus Turin. Gegen den AC Milan verloren Happels Mannschaften nie, halb Italien und Silvio Berlusconi wollten ihn holen, aber nie folgte der grantige Österreicher den Rufen der italienischen Klubs. Sacchi studierte Happels Training mit dem HSV direkt in Hamburg, und das über zwei Wochen lang. Gespeist mit eigenen Ideen und den passenden Spielern, war eine neue Übermacht geboren.
 
Doch alles ist vergänglich, jede Ära endet irgendwann. Milan, Inter, Barcelona und Arsenal haben das schmerzhaft erleben müssen. Ein Trost bleibt, dass auch bei den neuen jungen Konzepttrainern die Ideen von Happel, Lobanowski, Rinus Michels oder Johan Cruyff weiterleben. Ganz neu erfinden kann den Fußball niemand.

Giovanni Deriu, 43, Freier Journalist und DaF-Dozent

www.rund-magazin.de

Wenn Spielerberater und Agenturen übertreiben- oder, falscher Ehrgeiz schadet immer

 

 

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Der Originaltext der Spielerbeschreibung einer Agentur, die in der momentanen Situation aber überhaupt nicht zutrifft. In der Branche aber leider usus bei Agenten und Agenturen! Dieser Hinweis wurde uns übermittelt. Außerdem liegt uns eine SMS-Konversation vor, die belegt, welche Wortwahl manche Berater pflegen, und wie falsch sie (Junioren-)Spieler leider beraten.

 

Neymar – eine ganz neue Spielergeneration

FUSSBALLBÜCHER als Geschenkidee

Neymar senior über Pelé 2.0

Die Biographie des brasilianischen Wunderknaben ist als Dialog mit seinem Vater, der seine Profikarriere früh beenden musste, angelegt. Von Giovanni Deriu.  www.rund-magazin.de

 

Ich bin Neymar

Die ganze (Fußball-)Welt nahm Anteil, als sich Neymar im Viertelfinale gegen Kolumbien verletzte. Warum das Schicksal des brasilianischen Wunderknaben so viele bewegte, kann man nur verstehen, wenn man einen Blick in die Biographie von Neymar da Silva Santos Junior, also Neymar Junior, wirft. Kurz, in einem von Beginn an eher mittelmäßig aufspielendem brasilianischen Team galt Neymar als „Heilsbringer“. Der Druck um das Team von Trainer Felipe Scolari war immens, doch als der brasilianischen Selecao quasi ihr Rückgrat brach, weinte nicht nur Neymar vor Schmerzen auf – er hatte durch Juan Zunigas krudes Foul einen Wirbelbruch erlitten. Fans in aller Welt ahnten, dass damit der brasilianischen Elf das Herzstück und die Kreativität verloren gegangen war.
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Ein authentischer Holländer im Schwabenland! Wird er zum VfB-Retter?

BUCH

Trainer des Jahrhunderts und Vier-Minuten-Meister

Mit Schalke holte er den Uefa-Cup und 2001 fast den Titel, nun ist er zurück beim VfB Stuttgart: Die Biographie von Huub Stevens kommt dem Menschen recht nah, geschrieben hat sie der Niederländer Theo Vaessen, erschienen ist die Biographie im riva-Verlag. Eine Rezension von Giovanni Deriu.

Der Autor kennt seinen Protagonisten schon sehr lange. Der vielgereiste Theo Vaessen beobachtet Huub Stevens seit den Zeiten, als der als 16-Jähriger bei Fortuna Sittard spielte. Im WM-Jahr 1974 war das. Aus zahlreichen Gesprächen mit Stevens sowie dessen Umfeld entstand dieses Buch, das schlicht: „Huub Stevens“ betitelt ist.

Nicht immer waren holländische Trainer in der Bundesliga beliebt (wenn auch erfolgreich) – man denke nur an Rinus Michels, den „General“ in Köln und Leverkusen, immerhin Pokalsieger – oder Aad de Mos bei Werder Bremen, der nach nur einem Jahr im Amt als Nachfolger von Otto Rehhagel entlassen wurde. Anders Huub Stevens. Dass es quasi gleich auf Anhieb bei den Schalkern klappte, lag vielleicht auch an Stevens‘ Herkunft selbst:

Huub entstammt als dritter Sohn einer Grubenarbeiterfamilie.  Vater Joseph Stevens, später kam er in Belgien ausgerechnet bei einem Autounfall durch einen deutschen Lkw-Fahrer ums Leben, arbeitete 30 Jahre lang in der staatlichen Grube Staatsmijn Maurits, und baute in mehreren hundert Metern Tiefe Kohle ab. Stevens erinnerte sich: „Vater ackerte wie ein Pferd …“. Die Familie war nicht reich, aber niemand durfte es wagen, sie als arm zu bezeichnen. Mia, die Mutter, war das Familienoberhaupt. Und sie setzte auf Disziplin – wer nicht gehorchte, wurde bestraft – nur, so, liest man zwischen den Zeilen, könne eine Familie zusammen gehalten werden. Mit Disziplin, Pflichten – aber nicht zu vergessen, mit der Liebe einer Mutter.

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Motivator und Entdecker Massimo Morales

INTERVIEW
Morales: Twitter, Internet und die üblichen Verdächtigen

Er war Assistent von Giovanni Trapattoni in München, brachte die Fortuna aus Düsseldorf wieder in die 3. Liga und coachte Waldhof Mannheim sowie die Stuttgarter Kickers. Ein Leben ohne Fußball? Unvorstellbar für den sympathischen Coach. Interview Giovanni Deriu.

 

Massimo Morales

Massimo Morales im Jahre 2004 als Trainer bei Fortuna Düsseldorf

Sein Name klingt wie Musik. Und als Fußballtrainer liebt Coach Massimo Morales auch einen offensiven Rhythmus im Spiel seiner Teams. Morales ist in Deutschland, in Europa allgemein, kein Unbekannter. Vom B-Juniorentrainer der Bayern wurde er schnell ins Rampenlicht der 1. Bundesliga sowie der Medien katapultiert. Anfang der 1990er-Jahre, als sich Massimo Morales neben Giovanni Trapattoni auf der Trainerbank wiederfand – als dessen Assistent und Dolmetscher. Dass Morales ein Auge für Junioren und Talente habe, merkten die Verantwortlichen des FC Bayern München schnell. Danach trainierte Morales gar Ghanas Junioren-Nationalmannschaft und war als Scout, unter anderem, für den AC Milan in der Serie A tätig.

Morales trainierte in Tschechien und Ungarn, in der italienischen Schweiz – der italienische Fußballlehrer brachte die Fortuna aus Düsseldorf wieder in die 3. Liga und coachte Waldhof Mannheim und die Stuttgarter Kickers. Ein Leben ohne Fußball? Unvorstellbar für den sympathischen Coach.

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Scouting bringt Nutzen – wie kommt der Marktwert aber zustande?

Wir meinen: Die Festlegung des Marktwerts hat sich in den vergangenen drei Jahrzehnten verselbstständigt

Es ist legitim, wie ich schon im anderen Blog-Artikel beschrieb, dass sich Vereine, je nach Budget und Kassenlage, eigene Scouting-Abteilungen leisten. Viele greifen immer noch auf Freiberufler zu – viele ehemalige Fußballprofis sind darunter, einigen echten Experten bin ich schon begegnet und wurde in interessante Gespräche mit ein bezogen. (Immer wieder ein Genuss, ich lerne immer dazu.)

Ja, das Scouting wurde zu einer „Informationsbeschaffungs-Branche“, wie die Autoren der Studie „Die Berechnung des Siegers: Marktwert, Ungleichheit, Diversivität (…)“ es selbst benennen. Die Informationsgewinnung und Auswertung ist extrem wichtig geworden, und  hat etlichen Beobachtern, Beratern und „Evaluatoren“, auch Analysten genannt, Tätigkeiten zukommmen lassen. Scouting bringt Nutzen – wie kommt der Marktwert aber zustande? weiterlesen

Der Berater will immer partizipieren! Wovon und wofür?

Transfersummen, Vermittlungsprovisionen und der Spieler-Marktwert! oder:

Wie kommt der Marktwert eines Spielers zustande?

U N D Geld schießt eben doch Tore – auch wenn es viele Fußballfans nicht wahrhaben wollen, wissen tun es im Grunde alle, und die Funktionäre und Manager der Profi-Clubs sowieso. Aber selbst in unteren Breitensport-Ligen versuchen Funktionäre ihr Team zu verstärken, wettbewerbsfähig zu machen – ja, sogar im Juniorenfußball. Ist dem Club ein Spieler etwas Wert, greift man schon mal in einen Geldbeutel, oder verschenkt „Einkaufs-Gutscheine“, oder deckt den Spieler, den man unbedingt haben möchte mit „neuen Klamotten“ ein, wie uns eine Gastmutter eines talentierten U17-Spielers bestätigte.

Was im Profifußball usus ist, und bestätigt wurde, zieht sich manchmal bis nach unten, in die Fußball-Niederungen. Der Berater will immer partizipieren! Wovon und wofür? weiterlesen

Wenn Junioren plötzlich abheben – nur nicht auf dem Feld

Ursachenforschung:

Wie ein Spieler zum „albanischen Ronaldo“ wurde

Auch diese Geschichte kam uns erst neulich zu Ohren, dass ein Juniorenspieler, ansässig im Schwäbischen, die Eltern bodenständig, und einst aus dem Kosovo dem Bürgerkrieg entflohen, dass eben dieser Juniorenspieler der U19 ganz plötzlich die „Bodenhaftung“ – evtl. nicht selbstverschuldet – verlor.

Entdeckt und kennengelernt habe ich diesen (sehr)guten Kicker, damals noch 16,5 Jahre alt bei einem Punktematch in Waiblingen vor den Toren Stuttgarts. Eigentlich hatte ich einen ganz anderen Beobachtungsauftrag. Wenn Junioren plötzlich abheben – nur nicht auf dem Feld weiterlesen

Wie Ancelotti bei REAL „The Special One“ ablöste

SPANIEN

4:3:3 statt Defensive
Wie Real Madrid Mourinhos Ära vergessen möchte: Die italienische „Gazzetta dello Sport“ macht sich Gedanken, was Carlo Ancelotti für die „Ent-Mou-isierung“ Reals tun könnte. Von Giovanni Deriu. Erschienen bei rund-magazin.de

 José Mourinhos Erfolgsbilanz war für seine Ansprüche zu wenig: Eine Meisterschaft, ein Pokalsieg  und dreimal im Halbfinale der Champions-League gescheitert. Auf den selbst ernannten „The Special One“ folgt nun der ausgleichende Moderator und Taktiker, Carlo Ancelotti, der zuletzt Paris Saint-Germain zum französischen Meister gemacht hatte.Die italienische „Gazzetta dello Sport“ macht sich Gedanken, was Carlo Ancelotti für die „Ent-Mou-isierung“ Reals tun könnte

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