Einmal um den Erdball und zurück: Uefa-Pro-Trainer Rainer Kraft hat in Ghana Accras Löwen zum Aufstieg verholfen!

Wir haben die Chance genutzt, und uns in Stuttgart im netten Heusteigviertel getroffen, denn wer weiß, wohin es Profi-Fußballlehrer Rainer Kraft (Uefa-Pro-Lizenz) wieder ziehen wird. Nach der erfolgreichen Zeit in Ghana mit den Accra Lions, genießt Rainer Kraft die Zeit daheim in der Landeshauptstadt.
Doch der gebürtige Stuttgarter kann es kaum erwarten, wieder ein ambitioniertes Team zu coachen, ob im Youth-Academy – oder Profifußball-Bereich.

Eine durchaus interessante und kurzweilige Unterhaltung zwischen zwei Getränken am warmen Sommernachmittag, hat sich erst neulich ergeben.

◾ Hallo, Rainer, schön Sie mal wieder hier in Stuttgart zu sehen, wenn wohl auch nur auf Zwischenstopp. Erzählen Sie mal, wie war das mit Ihrem Abschied aus Ghana, bei den Accra Lions, nach immerhin zweiundeinhalb Jahren? Dazu noch als Meister und Aufsteiger… stand Accra da Kopf? Und, warum lässt man einen Meistertrainer und Aufsteiger ziehen?

Rainer Kraft: Mein Vertrag lief aus und es war an der Zeit für mich, mal wieder Privates in den Vordergrund zu stellen. Das lief ganz geräuschlos ab, mein Nachfolger stand schon länger fest und war bereits ins´ Trainerteam integriert. Da steht auch niemand Kopf, da wir ein kleiner und sehr junger Verein waren, der eher unter dem Radar fliegt.

◾ Weiterhin besteht ein kurzer und guter Draht nach Ghana?

Rainer Kraft: Ja, ich bin mit den Verantwortlichen regelmäßig im Austausch und habe auch öfter Kontakt mit „meinen“ Spielern, von denen bereits eine ganze Menge weltweit unterwegs sind.

◾ Sie haben quasi auch Rekordnationalspieler und Fernsehexperte Lothar Matthäus die Infrastruktur installiert, denn er engagiert sich Medien zufolge nun auch bei den Accra Lions. Ghana scheint ein Land echter Talente zu sein…?

Rainer Kraft: In Ghana trifft man wirklich auf viele „Bewegungstalente“ und Fußball wird eben von klein auf und praktisch überall gespielt – so etwa wie bei uns früher.

◾ Sie sind ja gut vernetzt, und haben als Fußballlehrer und Inhaber der Uefa-Pro-Lizenz Fußball-Projekte des VfL Wolfsburg und Schalke 04 in China sowie Mexiko geleitet, junge Talente trainiert, die deutschen Clubs repräsentiert und Trainer vor Ort ausgebildet bzw. weitergebildet. Was reizt sie besonders, und gibt es wieder konkrete Anfragen?

Rainer Kraft: Reizvoll ist zum einerseits die Vielfalt des Trainer-Berufes, Sie haben es in der Frage ja schon angedeutet Andererseits war ich schon als Kind fasziniert von den Geschichten über fremde Länder, habe Reiseberichte verschlungen und wollte schon immer die Welt bereisen. Das ich mit diesem Beruf beides verbinden kann, empfinde ich als großes Geschenk und bin dankbar dafür! Es gibt immer wieder Anfragen, aber es muß auch vieles passen. Ich werde im Juli und August für einen deutschen Bundesligisten ein Projekt in China betreuen, da freue ich mich schon sehr darauf!

◾ Kann Sie eigentlich noch irgendetwas groß überraschen? Interkulturell sind Sie, Rainer, auch gut aufgestellt. Sie haben in Ghana, in Aserbaidschan und China trainiert und Erfolge gefeiert, ja, sogar im Iran, Teheran, wurden Sie und Cheftrainer Erich Rutemöller, verehrt, woran erinnern Sie sich gern, und welcher Kulturkreis liegt Ihnen am Besten?

Rainer Kraft: Einzelne Erinnerungen herauszustellen ist aufgrund der schieren Anzahl fast unmöglich. Besonders sind immer die Erlebnisse mit den verschiedenen Menschen und ihren Kulturen! Wer sich auf Andere einläßt, begreift sehr schnell, daß wir auf dieser Erde so verschieden nicht sind, uns Menschen eint mehr als uns trennt. Natürlich gibt es Gänsehautmomente – vor 100.000 Zuschauern im Azadi-Stadion in Teheran zu spielen oder das erste Mal auf der chinesischen Mauer zu stehen ist eben nicht alltäglich!

◾ Nennen Sie bitte drei Unterschiede, zwischen unseren deutschen Nachwuchstalenten, und jungen Talenten in Ghana, oder Mexiko?

Rainer Kraft: Die größten Unterschiede gibt es sicher zwischen Deutschland und Ghana, Mexico liegt irgendwie dazwischen. Eine Nachwuchsförderung wie bei uns sucht man in Ghana vergeblich, wobei es seltene Ausnahmen gibt. Den „Straßenfußball“, den wir hier so schmerzlich vermissen, ist sicher ein Markenzeichen der ghanaischen Kinder und Jugendlichen. Über den Fußball ein besseres Leben zu führen, die Familie zu unterstützen und „Armut“ zu entkommen ist in Ghana ein großer Antrieb!

◾ Der längst verstorbene Kulttrainer und Weltenbummler, Rudi Gutendorf, ist sogar im Guiness-Buch der Rekorde, weil er international, von Chile bis Fischi, Australien und Peru, die meisten Teams und Nationalmannschaften trainiert hat. Und, er konnte auch kulturell einiges erzählen. Was verbinden Sie mit Ihrem Job, und dem Fußball, allgemein?

Rainer Kraft: Es macht mir einfach Spaß, über und durch den Fußball meinen Horizont zu erweitern, ferne Länder zu bereisen oder dort sogar einige Zeit zu leben. Ich habe wirkliche Freunde gefunden, überall. Und ich liebe es, wenn ich Anderen in ihrem Weiterkommen helfen kann, egal ob jugendlicher oder erwachsener Spieler!

◾ Vielen Dank für das Gespräch.

Veröffentlicht von

Giovanni Deriu

Jahrgang 1971, Vater, 2 Kinder, lebte lange Zeit in Asien; Dipl. Sozialpädagoge (FH) für Jugend- und Erwachsenenbildung, sowie Biographie-Arbeit. Außerdem: Industriekaufmann und gelernter Journalist. Schreibt regelmäßig für das RUND Magazin und FussballEuropa.com Fünf Jahre als Juniorentrainer tätig gewesen mit Jugendtrainer-Lizenz. In Hongkong die Junioren einer internationalen Soccer-Academy trainiert. Weiterhin als Scout (für Spiele und Spieler) unterwegs. Deriu analysiert für Spieler und Eltern die Spielerberater (und Agenturen), erstellt Profile und gibt Einschätzungen.

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