Ein Buch, nein eine Biographie, mit dem Titel, „Berlusconi – Showmaster der Macht“ (Autoren, Giovanni Ruggeri /Mario Guarino; von 1994), trifft die Person Silvio Berlusconi, jüngst am 12. Juni 2023 verstorben, wohl am besten.
Und das meinen wir hier gar nicht despektierlich, im Gegenteil, wir sind der Meinung, Silvio Berlusconi hatte die Politik und die Gesellschaft durchschaut – er wusste, wie er, und vielleicht auch, mit welcher Unterstützung er große werden und wachsen konnte, und wonach das italienische Volk damals, aber nicht nur das italienische, strebte und dürstete. Wir möchten gar nicht näher auf Berlusconis Politikstil und dessen Biographie eingehen, sondern vielmehr den sportlichen Teil seiner Vita beleuchten, und Protagonisten zu Wort kommen lassen, die Silvio Berlusconi begleitete und stützte, und die auch zeigen, dass ohne Silvio Berlusconis Menschlichkeit, seinen Motivationskünsten und dessen Beharrlichkeit, ein Erfolg über Jahre, wie der des AC Milan niemals möglich gewesen wäre.
Es zeigt auch Berlusconis Talent und Können, auch als Netzwerker der Macht, die richtigen und geeigneten Menschen zusammengeführt zu haben. Und von wegen, wie manch einer meint, alles gekaufte Leute, die sich Berlusconi gefügig machte, sondern eher kritische „Geister“, die durchaus auch Berlusconi kritisierten, ihm jedoch einen Teil ihres Erfolges auch verdankten. Silvio Berlusconi, und mögen noch so viele Leute und Kritiker posthum auf sein Grab spucken, (viele Neider und linksgerichtete Gutmenschen vor Allem, wobei auch die politische Linke mit Berlusconi gern paktierte), wird als Mann mit Visionen in Erinnerung bleiben, der den Fußballsport, und die Fernsehlandschaft Ende der Achtziger bis Ende der Neunziger Jahre tüchtig revolutionierte. Von daher stimmt es schon, er war ein Showmaster der Macht, der das Leben selbst und sich selbst nie zu ernst nahm, die Menschen jedoch schon – die Bürger Italiens und seinen engsten Freundeskreis und Mitarbeiterstab, was meist ein und dasselbe war.
Er musst etwas geahnt haben, denn er suchte am Ende, kurz vor seinem Ableben und Aufsuchen der Klinik, noch einmal die Gastro-Bar von Milano 2 (due) auf (wo er mit vielen Menschen sprach, und den Kindern Eis spendierte), der Satellitenstadt, einst von ihm erfunden und entworfen, sowie realisiert. Damals eine Stadt mit Statussymbol, 10.000 Bewohner in 2.500 Appartements, 40 Quadratmeter Grundfläche pro Einwohner, gegen gerade mal vier in Mailand. Es wurden damals kurz mal 5000 Bäume und ein künstlicher See implementiert. Modellstadt oder Luxusghetto hieß es damals, heute weiß man, man nehme nur Stuttgart 21, Berlusconi wollte eine Wohlfühloase für die Menschen, die arbeiteten, fernab des Verkehrs. Und, wieder ganz Geschäftsmann, natürlich wurden die Appartements mit dem Empfang von Berlusconis Privatsender, der Mediaset-Gruppe, ausgestattet. Und da spielten Filme, Shows und der Fußball, il Calcio, eben immer eine große Rolle. Für heute, umgerechnet, knapp 40 Millionen Euro, kaufte sich Berlusconi beim krisengeschüttelten AC Milan ein, und kaufte sich auch einen Kader zusammen. Natürlich hörte er auf externe Berater. Der AC Milan als Spielzeug und Werbemaschinerie des Berlusconi-Imperiums. Und, die nächsten Jahre sollte die ganze Fußballfachwelt über den AC Milan berichten, schwärmen und diesen auch analysieren. Und darum geht es eben auch hier.
Einer, der den AC Milan wirklich groß gemacht hat, war schließlich der Trainer, il Mister, Arrigo Sacchi, den Silvio Berlusconi und dessen Mitgesellschafter und Freund, Adriano Galliani, unbedingt haben wollten, für das neue Team. Man stelle sich vor, einen großen Namen hatte Arrigo Sacchi aber noch nicht. Der gelernte Buchhalter, und späterer Außendienstmitarbeiter für den Verkauf von Schuhen, war selbst nur Amateurfußballer, trainierte niederschwellige Clubs und die Jugend, eher den AC Parma von der 3. Liga, Serie C, in die 2. italienische Liga B, brachte, was ein großer Erfolg gewesen ist. Und als Sacchi mit seinem Team aus Parma den AC Mailand aus der Coppa Italia geworfen hat, sagte sich Silvio Berlusconi, das ist ‚unser Mann‘. Diesen Mann, Arrigo Sacchi, ein leiser Vertreter und Idol seiner Zunft, der quasi mit dem AC Milan alles gewinnen sollte, und als italienischer Nationalcoach anno 1994 Vize-Weltmeister in den USA wurde, als man Brasilien erst nach Elfmeterschießen unterlag, lassen wir hier erzählen, wie er Silvio Berlusconi erlebte. ( https://www.gazzetta.it/Calcio/Serie-A/Milan/13-06-2023/sacchi-berlusconi-milan-galliani-borghi-agnelli-4602024042734.shtml?refresh_ce )
Noch sichtlich bewegt über den Tod Berlusconis, blickte Sacchi neulich in der Gazzetta dello Sport zurück. Natürlich sei er überrascht gewesen, als ihn der AC Milan unbedingt wollte, und Silvio Berlusconi dabei war, den AC Mailand komplett umzustrukturieren, und zwar, von der C-Jugend an.
Der Auftrag an Arrigo Sacchi war kein geringerer, als, „erfolgreich zu spielen – zu gewinnen, und zu überzeugen…“, wie Sacchi Berlusconis Wunsch zusammenfasst.
Erst sollte man Italien erobern, dass Europa und dann die Welt – der AC Mailand sollte zur Marke werden, was ihm, Sacchi sowie Berlusconi auch gelang (später sollte auch Trainer Fabio Cappello diesen Weg weitergehen).
Einen Fußball-Spektakel wolle man bieten, das sei Berlusconis Order gewesen – wenn das Team gut spiele, stellen sich die Ergebnisse von selbst ein. Zu Begin gelang es nicht gleich, doch Berlusconi und Galliani waren von Arrigo Sacchi überzeugt, und gaben ihm auf dem Trainingscamp und Spielfeld freie Hand.
Arrigo Sacchi gibt zu, dass er eigentlich ein „Mister Niemand“ gewesen sei, aber niemals habe Berlusconi an dessen Idee und Philosophie gezweifelt. Es war eher so, dass Sacchi die Spieler für neue Trainingsmethoden gewinnen musste, die ja ganz andere Übungen und taktische Vorgehensweisen gewohnt waren. Sacchi musste alles umkrempeln, aber sein Erfolg im Pokal gegen Milan hatte überzeugt. Man sollte ihm vertrauen, er stellte sich immer hinter seine Spieler. Wichtig waren aber auch Berlusconis Worte an die Spieler, zu Beginn der Saison, und diese waren sehr eindringlich, wie Sacchi erzählt, damals im Büro von Berlusconi: „Leute“, sagte Berlusconi den Spielern, allen in die Augen schauend, „Sacchi ist der Trainer, Euer Trainer, den ich ausgesucht habe. Und er wird auch nächstes Jahr mein Trainer sein, von Euch jedoch weiß ich noch nicht, wer nächstes Jahr hier spielen wird…“, und diese Worte an die Spieler hatten gereicht, um Eindruck zu machen. Sie halfen natürlich auch Sacchi.
In der Gazzetta beantwortet Arrigo Sacchi folgende Frage, Stimmt es, dass Berlusconi Ancelotti nicht kaufen wollte?, wiefolgt:
„Er hatte Zweifel an Carlettos körperlicher Verfassung. Er sagte: „Wir können keinen Spieler nehmen, der 20 Prozent Behinderung in einem Knie hat.“ Ich antwortete: „Präsident, ich würde mir Sorgen machen, wenn ich an Behinderung denken würde. Ich garantiere Ihnen, wenn Sie Ancelotti kaufen, werden wir den Scudetto gewinnen.“ Ich war am Ende zufrieden, und Silvio ebenfalls, da wir ihm den Scudetto nach Hause brachten.
Es bleibt festzuhalten, dass Milan zwar immer im Duell mit Juventus, Neapel oder Inter stand, aber Berlusconi hatte immer einen guten Draht zu den anderen Präsidenten, aber natürlich wollte er besonders dem Turiner, Gianni Agnelli und Juventus, eine Schippe schlagen, und deren Vorherrschaft ablösen. Agnelli und Berlusconi, beide erfolgreiche Geschäftsmänner, verstanden sich eigentlich prächtig.
Probleme mit dem Team und Berlusconi? Eigentlich nie, nur als Silvio Berlusconi dem Team in seiner Villa in Arcore eröffnete, beziehungsweise darum bat, es gehe um die Meisterschaft, und das Team solle fast einen Monat auf Sex verzichten. Frei raus und direkt, das Team staunte nicht schlecht – allein, der Holländer Ruud Gullit muckte auf, und kritisierte Berlusconi. Wahrscheinlich war das noch mehr Antrieb, es dem Cavaliere und späteren Präsidenten zu zeigen. Scudetti, zwei Mal den Europapokal der Landesmeister, die Champions League also, sowie den Weltpokal gewonnen, was will man mehr?
Anno 1991 trennten sich dann die Wege, aber wie Arrigo Sacchi heute noch sagt, „unser Kontakt blieb immer intakt“, auch als Sacchi Nationaltrainer wurde, später gar in Madrid tätig war, und später auch kurz zu Milan zurückkehrte. Und als der Präsident Berlusconi sein letztes Projekt, mit dem AC Monza startete, und ebenfalls eine Erfolgsstory mit Galliani schrieb, Monza spielt nun auch Serie A, bat Berlusconi auch Arrigo Sacchi nach Tipps und Ratschlägen. Berlusconi, so Sacchi, sei ein durch und durch seriöser und zuverlässiger „Presidente“ gewesen.
Und zum Abschluss, der langjährige Torwart von AC Milan, Sebastiano Rossi, meinte neulich in einem Interview mit TAG24, Italia, „Silvio Berlusconi ist ein großer Präsident gewesen“, und er werde ihnen allen sehr fehlen, denn Berlusconi habe den Spielern stets gelehrt, „immer an uns selbst zu glauben…“
Und Rossi sagt zum Abschluss, 29 Titel in 31 Jahren, sprechen für Berlusconis Ära, und Rossi selbst feierte 5 Meisterschaften und einen Champions-League-Sieg, von Berlusconi habe er wirklich gelernt, mental stark zu bleiben, sich von „Niederlagen, langwierigen Verletzungen und vor allem von Neid nicht unterkriegen zu lassen, niemals!“ Berlusconi habe Dinge und Prinzipien gelehrt, die nicht nur im Fußball, sondern auch im Alltagsleben zählten.