Kurz, in der Daimlerstadt Schorndorf, kommt man an Attila ‚Atti‘ Kun, nicht vorbei. Der heuer 74-Jährige, kann auch jungen Menschen noch was vormachen, ja, vorturnen…
Viele, auch meiner Generation, erinnern sich an Atti, hat er uns doch beim VfL, später der SG Schorndorf, gut und erfolgreich trainiert, und Ball und Gegner laufen lassen.
◾⚽ Außerdem berichteten Wir auf Checkfussballberater.de bereits über Attila Kun, und vor zwei Jahrzehnten in der Heilbronner Stimme genauso.
Attila Kun ist ein absoluter Sportsmann und Fußball-Experte…
◾⚽ HIER NUN EIN ANDERER ARTIKEL von heute, 09.10.23, in den Schorndorfer Nachrichten.
( https://epaper.zvw.de/webreader-v3/index.html#/850426/8 )
>> „Pelé ist und bleibt mein Vorbild“
Von unserem Redaktionsmitglied Yvonne Weirauch
In Rumäniens Fußballwelt ist Attila Kun ein Held: Der ehemalige Nationalspieler hat in Schorndorf Fuß gefasst und ist Dozent an der VHS
Schorndorf.
„Lang ist’s her, als ich Sie das letzte Mal fotografiert habe“, erfreut begrüßt ZVW-Fotograf Ralph Steinemann sein Gegenüber Attila Kun. Der 74-Jährige nickt: „Das war 1994 und 1999.“ Redakteurin und Fotograf sind gleichermaßen beeindruckt: Was für ein Gedächtnis. Den fußballaffinen Leserinnen und Lesern könnte der Name Attila Kun ein Begriff sein: Der Senior ist ein ehemaliger rumänischer Fußballprofi, hat rund 261 Spiele in der höchsten rumänischen Fußballliga, der Divizia A, bestritten, war außerdem als Trainer aktiv und hat auch in Schorndorf seine fußballerischen Spuren hinterlassen. Seit 2020 ist er Dozent für Wassergymnastik und Rückenfitness an der Volkshochschule Schorndorf.
Rückenfitness mit klassischer Musik
„Wir sind froh, dass wir Attila Kun in der VHS haben“, sagt Carmen Wirth (Fachbereichsleitung Kunst, Gesundheit, Kulinarisches) und sie gibt zu: „Uns war er als rumänischer Fußballnationalspieler nicht bekannt.“ Seine Kurse seien bei den Teilnehmern sehr beliebt. Das Besondere am Rückenkurs: Klassische Musik kommt zum Einsatz. „Ich finde es wichtig, dass man vor und nach dem Training zur Ruhe kommt“, ist die einfache Erklärung, warum der diplomierte Fußball- und Sportlehrer diese Methode einsetzt. Seine Kursteilnehmer seien zwischen 30 und 90 Jahre alt, sowohl beim Rückenfitness wie auch bei der Wassergymnastik – „da wird das Gedächtnis mit kognitiven Übungen gleich mittrainiert“.
Mit Leidenschaft erzählt Attila Kun von seiner Tätigkeit als Dozent, aber noch viel emotionaler wird es, wenn der Sportler auf seine Fußballkarriere zurückblickt. Vorneweg macht er seine Meinung über das heutige Fußballgeschäft deutlich: „Das ist kein Sport mehr, sondern eine Industrie. Zu meiner Zeit undenkbar, dass ein Spieler mehrere Millionen Euro wert sein soll.“ Fritz Walter oder Franz Beckenbauer hätten zu damaligen Zeiten vielleicht ein Drittel dessen verdient, was heute gang und gäbe sei.
Schon mit fünf Jahren sei Kun vom runden Leder fasziniert gewesen: „Von morgens bis abends haben wir auf der Straße oder in Parks Fußball gespielt – neben der Schule halt“, berichtet er. Sein zwei Jahre älterer Bruder habe ihn mal zu einem Training mitgenommen: „Nur für diese Mannschaft war ich noch zu klein.“ Bei einem anderen Verein hat es dann schließlich geklappt, und zwar gleich so, dass „ich höher eingestuft wurde, weil der Trainer sagte, ich hätte großes Talent“.
Seit er 16 Jahre alt war, sei er eigentlich ständig unterwegs gewesen. Mit etwa 20 Jahren kam Kun in den Kader der ersten Mannschaft seines Heimatvereins Crisul Oradea, der seinerzeit in der zweiten rumänischen Liga spielte. In der Saison 1967/68 wurde er zum Stammspieler und stieg mit seiner Mannschaft als Zweitplatzierter auf. „Ich habe einige Stationen durchgemacht“, sagt der sportliche Renter, der einst mit 31 Jahren als der jüngste Trainer der ersten rumänischen Liga galt und noch heute in Rumänien als Fußballstar auf der Straße angesprochen wird. „Zwischen 1972 und 1976 habe ich insgesamt 21 Spiele für die rumänische Nationalmannschaft bestritten“, sagt er mit Stolz. Und er fügt an: „Ich war der erste rumänische Spieler, der gegen Argentinien ein Tor geschossen hat – das war 1971 bei einem Vorbereitungsspiel.“
Aufstieg und Abstieg – alles miterlebt
Kun war im Jahr 1970 zum rumänischen Spitzenklub UTA Arad gewechselt. Zum Ende der Saison 1970/71 wurde er Crisul Oradea ausgeliehen und half mit, den Wiederaufstieg zu schaffen. Kun kehrte nach Arad zurück. Die Spielzeit 1971/72 schloss er als Vizemeister ab und zog mit seinem Team ins Viertelfinale des UEFA-Pokals ein, schied dort aber gegen den späteren Sieger Tottenham Hotspurs aus. In den beiden folgenden Spielzeiten verpasste er den Einzug in den Europapokal. Mit 13 Toren in der Saison 1973/74 erreichte er seine beste Trefferquote in der Divizia A.
Der Fußballer kehrte dann 1974 nach Oradea zurück. Sein früherer Klub, der mittlerweile als FC Bihor antrat, spielte wieder in der Divizia B. Er half mit 15 Toren mit, ins Oberhaus zurückzukehren. Nach zwei Platzierungen im Mittelfeld fiel der Klub in der Saison 1977/78 in den Abstiegskampf zurück, schaffte aber den Klassenverbleib. Ein Jahr darauf folgte jedoch der abermalige Abstieg. Nachdem zweimal der Aufstieg verpasst worden war, stieg Kun im Jahr 1982 mit seiner Mannschaft zum dritten Male auf. Nach zehn Treffern schaffte er den Klassenerhalt. Anschließend beendete er seine aktive Laufbahn.
Trainer beim damaligen Verein VfL Schorndorf (heute SG)
1985 kam Attila Kun mit seiner Frau nach Deutschland, die damals siebenjährige Tochter blieb bei Kuns Schwiegermutter und kam erst später nach Deutschland nach. „Erst nach zehn Monaten waren wir eingebürgert“, erinnert sich der Ex-Fußballprofi. Die Familie hatte durch die Verwandtschaft immer einen Bezug zur Daimlerstadt. Sportlich ging es für ihn weiter – denn, so sagt es Kun selbst, nur fürs Ausruhen sei er nicht geschaffen, er müsse immer in Bewegung sein. Dankbar ist er den damaligen Verantwortlichen des VfL Schorndorf (heute die SG) noch heute: „Sie haben meiner Frau und mir sehr geholfen, so dass wir in Schorndorf gut Fuß fassen konnten.“ Sechs Jahre habe er aktiv im Verein gespielt. Dann war er Spielertrainer der ersten Mannschaft und nebenbei auch noch Jugendcoach.
Später arbeitete er bei verschiedenen unterklassigen Teams, ehe ihn der Landesligist SV Fellbach anheuerte. Den Club führte Kun an die Tabellenspitze. Im Jahr 1995 erwarb Kun seine Fußballlehrerlizenz an der Deutschen Sporthochschule Köln. Mit Ex-Profis wie Lothar Wölk, Charly Körbel, Norbert Meier und Torwart-Legende Toni Schumacher sammelte er Erfahrungen an der Sporthochschule. Als der Name Toni Schumacher fällt, ergänzt Kun: „Alle zehn Finger sind bei ihm krumm – kaum vorstellbar. Aber er hatte so viele Frakturen – nicht durch die Bälle, die er gehalten hat, sondern eher durch die Schläge und Tritte, denen er standhalten musste, wenn er den Ball nicht mehr losließ.“ Welche Verletzungen Attila Kun wegstecken musste? Eine Knieverletzung, die er sich in einem Spanienspiel zugezogen hatte, sei das Härteste gewesen. „Ansonsten mal kleinere Narben am Kopf und eine gebrochene Nase.“ Sein Vorbild? „Pelé – er ist und wird es immer bleiben. Er war einmalig in der Technik und in der Geschwindigkeit – egal ob mit dem Kopf oder mit dem Fuß.“
Spanien und Frankreich: Die liebsten Reiseziele
Gerne blickt Attila Kun auch auf die Zeit in Konstanz zurück. Bis Sommer 2010 betreute er die A-Jugend des FC Konstanz, ehe er Trainer der ersten Mannschaft in der Landesliga wurde. Nach sieben Spieltagen wurde er jedoch wieder entlassen. Nebenbei arbeitete er als Spielerberater. Der letzte Verein, den der Fußballer trainierte, war der FC Öhningen-Gaienhofen in der Bezirksliga Bodensee. Mit 74 Jahren kann der aktive Läufer nicht still sitzen – was er in seiner freien Zeit am liebsten macht? Die Sommermonate hält er sich nämlich immer frei und gibt keine Vhs-Kurse. „Ich reise sehr gerne mit meiner Frau – am liebsten nach Spanien und Frankreich.“
Gerne besuche er auch seine Tochter, die in Berlin lebt. Und sein Enkelsohn? Spielt er mit seinen acht Jahren auch schon Fußball? Attila Kun lacht liebevoll: „Sagen wir es so: Er spielt aus Spaß, und bewegt sich gut, aber sein Talent liegt eher im Geschichtenerzählen und Schreiben.“
– Der frühere rumänische Fußballprofi Attila Kun ist an der Volkshochschule Schorndorf Dozent für Wassergymnastik und Rückenfitness. Foto: Steinemann