Ein Japaner im Schwabenland – Kahns Paraden brachten Yu einst nach Deutschland
Japaner als Touristen sind in Europa natürlich bekannt, aber auch Fußballer aus dem Land der aufgehenden Sonne werden in Deutschland immer populärer. Dass sich aber ein Torwart aufmacht, in Deutschland seinen Traum als Profi-Torwart-Trainer zu erfüllen, kommt eher selten vor. Japaner reisen zwar gern, sind aber doch recht heimatverbunden. Letztendlich kam der sympathische Japaner Yusaburo Matsuoka im Schwabenland, vor den Toren Stuttgarts, unter. Der SV Fellbach wurde zur sportlichen Heimat, und die Stadt sein neues Zuhause. Schritt für Schritt verwirklicht sich Yusaburo Matsuoka seinen Traum, er möchte Profi-Torwarttrainer werden. Die Juniorenabteilung der Stuttgarter Kickers, aber auch die VfB-Fußballschule, vertraut dem Können des 33-jährigen Japaners. Giovanni Deriu führte das Gespräch mit „Yu“ Matsuoka.
Hallo Yusaburo, wo erreichen wir Dich gerade?
Ich packe gerade meine Sporttasche.
Was macht ein Japaner eigentlich im „Schwabenländle“, und wie kamst Du einst nach Fellbach? Ich bin September 2009 alleine nach Deutschland gekommen, um eine Torwarttrainer-Ausbildung zu machen, weil mein absoluter Traum und mein Ziel ist es, Profitorwarttrainer zu werden.
Ich denke, Deutschland ist ein „Torwartland“.Die erste Zeit in Deutschland war sehr schwierig für mich, weil ich gar nicht Deutsch sprechen konnte. Hinzu kam die andere Kultur und meine Eltern und Freunde waren ja weit weg in Japan. Aber als ich 2010 im Winter zum SV Fellbach (heute Landesligist, in Baden-Württemberg) als Torwart wechselte, da habe ich dort gute Freunde kennengelernt und Sie haben mir viel geholfen. Ich vergesse das nie. Bis zur vergangenen Saison habe ich acht Jahren beim SV Fellbach gespielt. Dafür bedanke ich mich beim SV Fellbach sehr.
Außerdem habe ich vor knapp vier Jahren eine eigene Japanische Fußballschule für die Kinder auf der Waldau (unterm Stuttgarter Fernsehturm) gegründet, und 2014 habe ich die WfV- Torspielertrainer-Lizenz endlich bestanden. Danach engagierte ich mich für die VfB- Fußballschule, eine Torwartschule von Walter Eschenbächer (seit 18 Jahren Jugend-Torwarttrainer beim VfB), ich gebe Privattorwarttraining, in diesem Jahr habe ich den DFB-Torwarttrainer-Leistungskurs absolviert, und seit dieser Saison bin ich bei den Stuttgarter Kickers Jugendtorwarttrainer, für die U15 und U16.
Was heißt Dein Namen eigentlich, hat dieser eine Bedeutung, wie so oft in Japan?
Mein Name ist Yusaburo Matsuoka, mein Spitzname „Yu“, weil er so einfacher ist. Yusaburo bedeutet, YU heißt Wohl und Saburo, der dritte Bruder. Ich habe nämlich noch zwei ältere Brüder. Auch in Japan gibt es meinen Namen eher selten.
Du bist ja quasi gelernter Torwart, war das immer Deine Wunschposition?
Meine Wunschposition war entweder Torwart oder Stürmer. Als ich klein war, spielte ich immer Stürmer oder Torwart. Kicke ich mit den Freunden in der Freizeit oder im Trainingsmatch, bin ich immer Stürmer und will Tore machen.
Was muss ein moderner Torspieler von heute unbedingt mitbringen?
Der moderne Fußball ist sehr kompakt, und man muss immer schneller umschalten. Deswegen muss ein Torwart nicht nur das Tor verteidigen, sondern auch den Raum gut im Blick haben und verteidigen, ja, mitspielen, das heißt, der Torspieler muss fußballerlisch gut sein und beidfüßig schießen können.
Hast Du als Junioren-Torwart-Trainer bei der VfB-Fußballschule oder bei den Kickers auch irgendwelche Vorgaben, worauf die Clubs beim Torwart ganz großen Wert legen? Die VfB-Fußballschule für Torwart findet einmal pro Jahr statt. Im Alter von 7 bis 14. Wir üben einfache und richtige Grundtechniken (Fangtechnik, Hechten mit beiden Händen, Ballangriff usw.), die Form „1gegen1“, Koordination, Reaktion, Schnelligkeit, sowie Spielformen, die Spaß machen. Das ist in diesem Alter sehr wichtig. Bei den Kickers im U15 und U16-Bereich arbeite ich noch fokussierter auf einzelne Schwerpunkte…
Wann ist der Torwart quasi ausgelernt? Ab welchem Alter?
Ich sage, ab neun Jahren kann man mit dem Torwarttraining beginnen. Aber sie sollen nicht immer im Tor stehen, sondern auch als Feldspieler trainieren. Bis 13 werden die Torhüter im Grundlagenbereich ausgebildet, dann bis 16 Jahre kommt der Aufbaubereich, danach mit 17 kommt schon der Leistungsbereich, in diesem Bereich wird Erlerntes dynamischer, höher und körperbetonter.
Gibt es ein Mindestmaß, eine Mindestgröße als Keeper? Man sagt ja immer, Größe kann man nicht trainieren… Ja, Größe kann man nicht trainieren…Ich bin auch nur 178 cm groß. Ich denke immer noch, dass wenn ich mindestens 190 cm groß gewesen wäre, hätte ich viel mehr Chancen in Japan gehabt, vielleicht auch noch heute…aber, da kann man nichts machen. Ich denke, ein Profitorwart muss Mindesten 185 cm groß sein, und ein Weltklasse-Torwart mindestens 190. Es ist sehr schwierig, große Torspieler in Japan zu finden.
Wer ist oder war Dein Torwart-Idol?
Mein Idol ist ganz klar Oliver Kahn. Es war während der WM 2002 in Korea und Japan. Er hat unglaublich viele und schwierige Bälle gehalten, und das Finale (gegen Brasilien, Anm. d. Red.) dramatisch verloren. Hätte ich damals Oliver Kahn mit solchen Paraden nicht gesehen, wäre ich vielleicht nicht nach Deutschland gekommen. Kahn war der Anstoß dafür…
Bist Du noch oft in Japan?
Ich war dieses Jahr im Sommer zehn Tage in Japan.
Anfang Januar fliegen Walter Eschenbächer, Raphael Moskow (1.FC Heiningen) und ich zusammen nach Kagoshima, Japan. Kagoshima ist meine Heimatstadt. Dort machen wir zum ersten Mal gemeinsam ein dreitägiges Fußball-Torwart-Camp.
Beschreibe bitte kurz die Entwicklung des Japanischen Fußballs…
Der Japanischen Fußball ist echt schnell und besser geworden. Erst 1992 wurde die Japanische Profiliga „J League“ gegründet, und 1999 kam die J2-League und 2013 die neue J3-League dazu. Momentan sind ja viele japanische Spieler in der Bundesliga, zum Beispiel, Takuma Asano, Shinji Kagawa, Makoto Hasebe, Yuya Osako oder Yoshinori Muto und andere. Fehlt nur der Torwart aus Japan. Für die Zukunft des Japanischen Fußballs müssen nicht nur Spieler, sondern auch Trainer gut ausgebildet werden.
Vermisst Du die japanische Küche in Deutschland?
Ja, ich liebe Japanisches Essen. Meine Lieblingsgerichte sind Yakiniku, Ramen, Okonomiyaki, natürlich auch Sushi – es gibt viel Leckeres bei uns. Wenn ich Japanisches Essen möchte, dann koche ich oft selber, oder besuche das Restaurant „Kicho“. Wenn ich nach Japan fliege, nimmt immer mein Bauchumfang etwas zu… Aber Ich mag auch deutsches Essen, wie die Maultaschen hier, Schnitzel und Rotwurst, und manchmal auch ein Glas Bier.
Was wirst Du am häufigsten gefragt von Deinen Spielern?
Viele fragen mich Dinge aus dem Torwarttechnikbereich, z. B. wann und wo macht Fußabwehr Sinn, wie macht man seitliche Abschläge usw.
Etwas, das Du unbedingt erwähnen möchtest: Ich habe mein Ziel noch nicht geschafft, ich will unbedingt mein Ziel und meinen Traum (Profi-Torwarttrainer) schaffen, bis dahin brauche ich viel Leidenschaft und Geduld. Und Ich hoffe, Deutschland und Japan kommen bei der WM in Russland ins Finale.
Wie lautet Deine Philosophie oder Dein Motto? Nie aufgeben, und „Dream comes true“, der Traum wird wahr…