So richtig fort war es ja nie in Europa, das Polit-Magazin, dass (nicht nur) Europa, sondern die Welt zwischen West und Ost erklären soll. Asien kommt schließlich genauso wenig zu kurz, wie andere Länder und Strömungen in der weltlichen Großwetterlage der Politik und Wirtschaft. Manchmal lassen sich Trends und Nachfrage auch nicht richtig erklären, aber seit geraumer Zeit wuchs die An- und Nachfrage in der italienischen Redaktion von „eastwest“, das Magazin möge doch auch in anderen Ländern erscheinen. Nun also auch in Deutschland, und im „Wust“ von fakenews, dürsten die interessierten Leser einfach nach kurzen, interessanten und dennoch fachlich richtigen Berichten. „Eastwest“ ist wirklich empfehlenswert, weil von vielen Wissenschaftlern und Uni-Professoren sowie Dozenten mitgestaltet. Nichstdestotrotz, politisch von einer Denkrichtung ganz frei machen, können sich die Autoren um Chefredakteur Giuseppe Scognamiglio dann doch nicht. Linker Populismus wird sanfter angefasst, als der rechte momentan. Aber Giuseppe Sconamiglio und Team haben ein starkes Heft zusammen gestellt, und das in deutscher Sprache – was auch bedeutet, dass der Herausgeber in Rom (Europeye srl) keine Kosten und Mühen scheute, die besten Übersetzer zu verpflichten. Natürlich die meisten auf Honorarbasis, aber immerhin. Das Magazin hat sich Europa verpflichtet.
Giuseppe Scognamiglio gehört zu den erfahreneren Journalisten und ist besonders in Italien und in Brüssel bei den Politikern seit Jahren ein angesehener Redakteur und Reporter.
Der leise und (sprachlich) beflissene Italiener ist ein „Europa-tifoso“ durch und durch. Das merkt man auch als Leser in jeder Zeile. Den Kampf gegen die (rechtskonservativen) Populisten führt aber auch er, und auf der ersten Seite, einer Art Editorial, schreibt Scognamiglio auch gleich zur Einführung: „(…)Populisten und Souveränisten werden nie den Beweis erbringen – weil es ihn nicht gibt -, dass es nicht enorme unmittelbare Vorteile bringt, in einem Land zu leben, das einer Union wie der EU angehört. (…)“
Denn, so der Chefredakteur weiter, man könne den gemeinschaftlichen Haushalt beanspruchen, auch wenn es um den heimischen nicht so gut „bestellt“ sei.
Auch begrüße „eastwest“ mit Scognamiglio politische Führungskräfte, die europafreundlich (und nicht kritisch) sind, bereits vor der Bundestagswahl war sich der Chefredakteur (nach allen Umfragen) sicher „in Deutschland ist die sichere Siegerin der Bundestagswahlen im September, Angela Merkel“, denn diese sei die wohl bestmögliche Besetzung für den Europäismus, „wenn sie hier auch bisher auch etwas zu gemessen auftritt“, was auch immer der Chefredakteur damit gemeint habe. Jedenfalls, feiert „eastwest“ auch Macron „als Wunder“ von Frankreich, und diese Vorhersage zu Merkel war bereits Mitte September. Das Magazin erscheint bisher im Zweimonats-Rhythmus, und wir schreiben hier über die September-Oktober-Ausgabe.
Interessant ist auch das Titelthema „Xi Jinpings Green Economy“, geschrieben von Marisa Siddivó, einer Dozentin für Entwicklungsstrategien Chinas an der Universitá L’Orientale in Neapel.
Darin geht es um Chinas Rolle als (noch) weltgrößter Umweltsünder hin zum Vorkämpfer des Klimaschutzes, just da, wo Donald Trump quasi seinen Austritt bekanntgab. Auf dem Spiel stehe auch „Pekings Reputation“. Und Chinas Liste an Verpflichtungen für die Unternehmen und Lokalverwaltungen ist lang, allerdings auch die der „Ausnahmen, zu denen sie wegen des Widerstandes der Adressaten im Namen der wirtschaftlichen und sozialen Kosten der Umstellungen gezwungen ist.“ China muss im großen Land des Lächelns stets gekonnt „austarieren“, um Unzufriedenheit abzumildern.
Mit „Klimaalarm“ geht es im Magazin auch auf Seite 12 weiter, mit dem Untertitel: „was uns erwartet“ – Krieg, Massenmigration und Umweltkatastrophen, und alles bedingt sich quasi gegenseitig.
Was passt zur Ökologie und zum Klima oder der Umwelt besser, als die Frage: „Wo sind die Grünen?“ Und Giuseppe Scognamiglio hat keinen geringeren als Joschka Fischer, Deutschlands „Ober-Grünen“ und ehemaligen Außenminister unter Gerhard Schröder, für das Interview gewinnen können.
Man kennt sich eben. Dass Joschka Fischer ironisch ist, wissen wir Deutsche nur allzu gut, aber belesen war der Autodidakt Fischer eben auch immer. Und in der Tat unterschwellig ironisch äußert sich Fischer über Angela Merkel, „Sie ist zwar wichtig für Deutschland, wichtig für Europa.“ Es werde sicher eine Debatte geben, „und ein fünftes Mal“ würden die Deutschen Merkel sicher nicht wählen.
Klar, dass Joschka Fischer Trump und dessen Unberechenbarkeit als riesige „Bedrohung für die Einheit des Westens“ sehe. Europa sei kein Inselkontinent, „sondern der westliche Teil Eurasiens“, mit einem großen Nachbarn im Osten – und Afrika im Süden, sowie dem Nahen und Mittleren Osten im Südosten (spätestens hier merkt jeder Leser, wie wichtig das Magazin eastwest ist).
Joschka Fischer seziert zudem die Unfähigkeit der Linken (Politik), und spricht mal wieder auf seine (richtige) Art Klartext: „Die Linke hat ein Problem mit Macht, während die Konservativen denken, sie hätten ein Geburtsrecht darauf(…)“, den Widerspruch, dass Macht „angeblich“ verdirbt, müsste die Linke ablegen, endlich aufgeben.
Und manchmal wünschte man sich, dass es noch mehr Typen wie Joschka Fischer, der sich nie als Parteipolitiker sah (deshalb auch immer die Reibung innerhalb der Partei), in der (deutschen) Politik geben würde.
Ein lesenswertes wie kurzweiliges Interview. Die Reportage im Magazin, Teil Zwei, beschäftigt sich mit den digitalen Hackern, „Wer hackt wen warum?“, und darin kommt auch der NATO-Sicherheitsberater des Generalsekretariats, Jamie Shea, zu Wort.
Recherchiert und geschrieben wurde die Reportage von Alfonso Bianchi (Brüssel), ein freier Journalist und Experte für EU-Politik.
Ab Seite 22 gibt es das Dossier EUROPA mit mehreren Kurznachrichten und Berichten, u. a. eine Bilanz, Die EU-Kommission zur Zukunft der europäischen Finanzen. Außerdem die Forderung aus dem ECFR-Büro (European Council on foreign relations) in Rom: Die EU-Grenzen nicht schließen, sondern neu (zu) regeln!
Darf es noch etwas Europa sein, auf Seite 24, sowie das Thema „Aufstieg und Fall des Populismus“, sind sehr kurzweilig und interessant, wenn auch ein bisschen zu einseitig, beschrieben. Es reiche, um den Populismus zu besiegen, „wenn die Liberalen Mut zu einer Politik gegen Fremdenfeindlichkeit und Nationalismus“ haben.
Dieser Meinung ist der freie Journalist Piotr Buras, Warschau, der sich auch in einem Buch mit dem Thema „Muslims and the other Germans: The Reinvention oft he Berlin Republic“, beschäftigt hat. Immerhin, hält Buras auch fest: „Wunderrezepte gibt es nicht für die Liberalen.“ Vielmehr bräuchten diese Zeit, um auf die neuen Umstände und die Herausforderung der Identitätspolitiken zu reagieren.
Interessante Thesen finden sich im „Essay“(?), nur, wieso soll uns Europäern die eigene Identität unwichtiger als denen sein, die zu uns kommen, und an ihrer (moslemischen) Kultur und Identität mit allen Mitteln festhalten (wollen)?, Ja, sogar gegen unsere Kultur sind, und sich einer Integration verweigern? (fragen wir hier).
Unter der Rubrik „Gesichtspunkte“ geht es um die Globalisierung und noch einmal um China.
„Der Drache schläft nie“, und natürlich habe auch China imperiale Anwandlungen und Absichten. Es wäre naiv, das Gegenteil zu glauben. Namhafte Autoren des Artikels sind, Romano Prodi, ehemals italienischer Regierungschef sowie Mitglied des wissenschaftlichen Beirats von EASTWEST sowie Giuseppe Cucchi (Rom), und heute Direktor der Abteilung „Sicherheitsinformationen“.
Autor Christopher Lord (La Chapelle, Frankreich), ist der Meinung, das britische EU-Referendum würde heute anders ausfallen, und hoffe (noch), der BREXIT könne rückgängig gemacht werden, evtl. durch Jeremy Corbyn, dem Sozialisten.
Oft scheint es so zu sein, es dürfe nicht sein, was nicht sein kann, selbst wenn die Wähler demokratisch entschieden haben – wenn auch knapp.
In eastwest kritisiert die Redaktion auch Italien selbst, „Staatliche Auswüchse“, so der Titel des Artikels, il Belpaese leide an einem „ausufernden Verwaltungsapparat“, der Italien schwerfällig machen würde. Dabei komme Italien auch nur schwer aus der Staatsschuldenfalle.
Eastwest zeichnet wirklich aus, dass Europa und die Themen des Kontinents interessant aufbereitet wurden, auch die Situation in Tschechien wird gut beschrieben: „Wahlen auf Böhmisch“, von stürmischen Wahlen am 20. Und 21.10. ist die Rede.
Bleibt zu hoffen, dass eastwest noch länger auf dem deutschen Markt bleibt(trotz kleiner Unzulänglichkeiten), gern auch monatlich – und selbst wenn manche Übersetzungen und Schreibstile(Formulierungen) manchmal ein bisschen gewöhnungsbedürftig sind, das Magazin hat wirklich ein hohes Niveau und befriedigt den Wissensdurst interessierter Leser zur Europapolitik sehr, und ist mit 5,-€ auch noch recht angemessen vom Preis-Leistungs-Verhältnis gesehen.
-gid-