Luca di Montezemolo, eigentlich ganz richtig, Luca Cordero di Montezemolo, ist 70 Jahre alt und wirkt aber körperlich und geistig wie 50. Luca di Montezemolo bringt so schnell natürlich nichts mehr aus der Ruhe, auch nicht dessen Rückzug von Ferrari, aus Maranello, wo er eigentlich mehr als die Hälfte seines Lebens verbrachte. Di Montezemolo verkörpert seine Familientradition, er entstammt einem alten piemontesischem Adelgeschlechts (den Marchesi di Montezemolo, die über Generationen dem Haus Savoyen diente), wie kaum ein anderer: seriös, integer, sozial und ihrem Reichtum verpflichtet, edel in allen Lebenssituationen zu handeln. Der studierte Jurist Luca di Montezemolo (an der Uni La Sapienza in Rom 1971 mit summa cum laude abgeschlossen) war nicht nur Generaldirektor des Organisationskomitees für die Fußball-Weltmeisterschaft 1990 in Italien, sondern wurde als Unternehmer etlicher Firmen bekannt, die er mehr oder minder, rettete, umkrempelte, und sanierte. Das Motorengeräusch und Benzin im Blut begleiteten bisher seine Karriere, als ehemaliger Amateur-Rennfahrer war es nur eine Frage der Zeit, wann der gebürtige Bologneser irgendwann bei Italiens Sportwagen-Stolz Ferrari landen würde. Firmeninhaber Enzo Ferrari jedenfalls wurde auf Luca di Montezemolo während einer Radiosendung aufmerksam, in der ein Zuhörer live die Krise bei Ferrari und dem Rennsport allgemein analysierte. Ja, Analysieren kann di Montezemolo wie kein zweiter. Heute berät er weiterhin Firmen, und wird als Fachmann und Redner von Universitäten und Unternehmen eingeladen.
So steht unter anderem in Wikipedia, und es ist die wahre Begebenheit: „Während der Semesterferien in Bologna hörte Montezemolo in der populären Radiosendung Chiamate Roma 3131 der Journalisten Gianni Boncompagni und Mario Moccagatta einen Anrufer, der zum Tagesthema Die Krise bei Ferrari das Unternehmen und den Motorsport verdammte. Er rief sofort an und setzte sich dabei leidenschaftlich gegen den Kritiker ein. Enzo Ferrari, der die Sendung in Maranello verfolgte, war begeistert. Der „Commendatore“ schickte ihm seine Biografie mit der Widmung: „Für Luca Montezemolo und seine mutigen Worte und Taten…“. Der Rest ist quasi Geschichte.
Gleich zwei Mal, und das über längere Zeiträume, heuerte di Montezemolo bei Ferrari an, und in beiden Phasen war Luca di Montezemolo (mit dem Orden des Ritters der Ehrenlegion sowie dem Arbeitsverdienstorden ausgezeichnet) äußerst erfolgreich. Denn, mit keinem geringeren als „Legende“ Niki Lauda gewann Ferrari in den Jahren 1975 und 1977 die Fahrerweltmeisterschaft und von 1975 bis 1977 drei Mal die Weltmeisterschaft der Konstrukteure. Danach verließ er, Luca di Montezemolo, Ferrari und wurde Verantwortlicher Direktor für die Öffentlichkeitsarbeit bei Fiat von 1977 bis 1981 und anschließend Geschäftsführer der ITEDI. (Teil-Auszüge Wikipedia)
Als di Montezemolo Jahre später und mit noch mehr Erfahrungen und Erfolge in der Ökonomie wieder nach Maranello kam, stellte er ein sehr erfolgreiches Rennteam zusammen (und zu diesem gehören nicht nur die Fahrer, sondern auch die besten Mechaniker und Ingenieure, sowie Teamleiter). Nicht zuletzt durch etliche personelle Weichenstellungen gewann Ferrari nach 15 Jahren ohne Titel 1999 die Formel-1-Weltmeisterschaft der Konstrukteure zum siebenten Mal. Im darauffolgenden Jahr gewann Michael Schumacher die zehnte Fahrerweltmeisterschaft für die Scuderia nach zuletzt Jody Scheckter im Jahre 1979.
In ununterbrochener Folge wurden danach bis 2004 noch weitere fünf Konstrukteurs- und vier weitere Fahrertitel gewonnen. Auch die Erfolge 2007 – Fahrertitel für Kimi Räikkönen und Gewinn des Konstrukteurspokal sowie der erneute Erfolg bei den Konstrukteuren 2008 – wurden unter der Vorstandsführung von Montezemolo erreicht. (Wikipedia)
Die Rufe nach einem Engagement in der Politik halten bis heute an, und im Jahre 2001 lehnte di Montezemolo ein Angebot des italienischen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi ab, in die Regierung einzutreten. Von Mai 2004 bis zum 20. April 2010 war Luca Cordero di Montezemolo Verwaltungsratsvorsitzender der Fiat Group. Außerdem: Am 10. September 2014 gab Montezemolo bekannt, seinen Posten als Verwaltungsratsvorsitzender von Ferrari zum 13. Oktober 2014 an Fiat-Chef Sergio Marchionne abzugeben. Seit November 2014 ist er Präsident der Fluggesellschaft Alitalia. Kein leichtes Unterfangen, aber auch hier lässt Luca di Montezemolo Realismus vor Illusion und italienischer Emotionalität und „Verklärung“ walten. Noch ist Alitalia nicht verloren. Aber es bleibt auch fest zu halten, dass Ferrari für Luca di Montezemolo definitiv eine Herzensangelegenheit auf Ewig ist.
Wie schon erwähnt, Produkte und Unternehmen vermarktet und forciert hat di Montezemolo bereits viele (namhafte), und wenn er als Ehrendoktor und Professor einiger Universitäten und als ehemaliger Präsident des Arbeitgeber-und Industrie-Verbandes irgendwo eingeladen ist und spricht, dann spitzen alle die Ohren. Zu erzählen hat Luca di Montezemolo jedenfalls noch viel, und das oft aus dem Stegreif.
Hier ein paar Auszüge und Zitate aus speziellen Vorlesungen, Ehrungen und Interviews, besonders zu Fragen des Marketing und zur Produkt- wie Kundenpflege. Aber, überall spielen für ihn die Menschen im Unternehmen fast die größte Rolle!
Bei einem Interview zu einer Stiftung und Gründung eben dieser, kam die Frage abermals auf, weshalb di Montezemolo bisher noch nicht in die Politik ging? Montezemolo antwortete daraufhin ehrlich, bei einem Glas Rotwein auf dem Tisch, „Wissen Sie, ich habe es gern, abends guten Gewissens zu Bett zu gehen, etwas tagsüber erreicht und gemacht zu haben – im Guten wie im Schlechten übrigens, es gelingt ja nicht immer alles! Aber, die Politik, und meine Tätigkeit als Präsident der Confindustria (wie der deutsche Industrieverband) war ja sehr politisch, schreckt mich ein bisschen ab, mit all ihrer Bürokratie, es wird viel geredet und es dauert lange, bis die Dinge umgesetzt werden. Deshalb engagiere ich mich lieber darin, politische Talente zu fördern, die vielleicht neue Impulse in die Politik bringen. Ich selber brauche aber das tägliche Geschäft des Handelns…“. Di Montezemolo führte weiterhin aus, dass er aber schon sehr gern als Berater Impulse und „stimoli“ (Anregungen) geben würde, um die „Politik neu zu denken, von der Tiefe her, man müsse die Bürokratie, die Schulen, die Arbeit und auch das Soziale neu denken…“.
Bei der Veranstaltung „Nutanix. NEXT 2016 Europe“, einer Plattform von Unternehmer und solchen die es werden möchten (Entrepreneurs), war Luca die Montezemolo genauso Starredner wie an der Stanford University, der Graduate School of Business. Hier ein paar interessante Auszüge, jedenfalls lockerte er gleich zu Beginn (s)eines anregenden Impuls-Referats die Krawatte, da ja das Auditorium casual gekleidet war… Lachen und Szenenapplaus begleitete sein Referat bei aller Ernsthaftigkeit:
(Spontan lockert der smarte Italiener, 70, Luca di Montezemolo, schon mal die Krawatte)
Ganz könne er die Krawatte nicht abbinden, denn da hänge das „Mikro“ dran, er sei also dennoch gefangen. Nun aber würde er gern mit der Rede beginnen, auch wenn die Vorredner bereits alles gesagt hätten. Was solle er also noch reden? Aber ernsthaft, so di Montezemolo, er lobte all die „Verlinkungen“ des Unternehmens sowie die Veranstalter des Events hier.
Di Montezemolo stellte also den Vergleich her zu Ferrari, lokal und dennoch global. Maranello sei schließlich Provinz, aber Ferrari weltweit bekannt.
„Unbedingt wichtig ist die Beziehung mit der Kultur, mit den Menschen und mit der Umgebung für den Erfolg. Besonders für Innovationen…“
Speziell zum Thema Innovation: „Das ist schnell daher gesagt!“
Was aber ist Innovation konkret? „Du kannst die beste Marke, die besten Leute haben, aber was ist das alles ohne das Produkt?“
Ich wurde oft gefragt, so spricht Montezemolo offen, „was ist das Geheimnis Ihrer Firma?“
Luca di Montezemolo antwortete damals: „In erster Linie unsere Leute, die Mitarbeiter, zweitens unser Produkt, und drittens unsere Kunden…“, da merkte der Moderator an, damals in Detroit, so Montezemolo, „das sind jetzt nicht wirklich neue Erkenntnisse…“ – Luca di Montezemolo aber erläuterte weiter:
„Ja, weil hinter jedem Titel ein weiterer Untertitel steht. Die Menschen und Mitarbeiter: Wir brauchen Menschen, die teilhaben und alles mit der Firma wirklich teilen, die sich mit ihr identifizieren. Die die Ziele der Firma teilen und verfolgen. Es geht nicht darum, nur die Marke zu teilen, und dabei zu sein. Nein, es geht darum, dass der Mitarbeiter selbst zum „protagonista“, (zum Protagonisten) werde. Und Innovation betrifft ganz klar auch die Menschen. Wie gestalten wir das Training, wie schulen wir unser Personal? Wie soll der Mitarbeiter weiter entwickelt werden? Auch der Unternehmensgeist wird durch jeden einzelnen gestaltet und beeinflusst…“ Die „One-Man-Show“ gebe es nicht mehr, es zähle der „Teamgeist“. Nur zufriedene Mitarbeiter können später „Leader“ werden. Ein weiteres Key-Element sei „Passion“. Leidenschaft.
Wissen Sie, verglichen mit den deutschen Autos, so di Montezemolo im Referat, „die sind alle nahezu perfekt, ohne Fehler, fantastische perfekte Autos, mit hoher Technologie, aber etwas grau…aber ohne Fehler“ – Auflachen im Saal. Di Montezemolo beschreibt nun das italienische Auto und speziell Ferrari: „Steigen sie dagegen in ein rotes Auto, vielleicht manchmal doch ein paar kleine, kleine Fehler. Und dennoch besteht der Unterschied in einer kalten und heißen emotionalen Technologie. Denn hinter all dieser Technology stehen natürlich Menschen, die ihren Job gut machen, sich auch mit der Technologie auskennen, ganz sicher, aber viel wichtiger, es sind Mitarbeiter mit einer großen, großen Leidenschaft.“
„But behind of all the technology you need people with a big, big, passion!“
Deshalb bedeutet Innovation auch, dass man das Wissen und Erfahrungen der Mitarbeiter abruft, um das Unternehmen auch weiter zu bringen, so Luca di Montezemolo. Man müsse den Mitarbeitern auch nicht 100 sondern, „höchstens drei Prioritäten als Ziele vorgeben.“
Weiterhin, Innovation im Produkt und im Design. Kreativität ist immer wichtig, und Design ist einfach benannt, doch da steckt viel Analyse und benchmarking dahinter. „Die Designer und Mitarbeiter erklärten mich hintenrum für verrückt, als ich ihnen Modezeitschriften zur Durchsicht mit nach Hause gab…“, so Montezemolo. Es ging ja immerhin um Autos, aber es fließe eben auch alles hinein. Allgemein, müssen die Mitarbeiter immer wissen: „Die Geschichte und Zukunft ist immer in der Hand der Mitarbeiter…“
Genauso kurzweilig seine Rede und sein Referat an der Stanford-University zum Thema „Leadership“. Und Luca di Montezemolo ist überzeugt: „Hinter jedem fantastischen Produkt stehen fantastische Mitarbeiter.“
Um ein Leader zu sein, gibt es drei verschiedene Elemente, die langfristig Erfolg versprechen: „Leidenschaft. Hinter der roten Ferrarifarbe ist Passion. Leidenschaft. Passion dafür, was wir tun, Passion nach Vorn zu schauen, und Passion Dinge zu entwickeln. Passion, unser erster Kunde selbst zu sein…“
Des Weiteren, so Montezemolo: „Zweitens, Vision! Vision ist sehr wichtig. Eine klare Zielvorgabe und Prioritäten! Nicht 100, nein, drei reichen, um diese auch zu verfolgen…“
Luca di Montezemolo sagt noch heute: „Mein größter Erfolg ist immer, wenn ein ehemaliger Student irgendwann eine leitende Position irgendwo in der Welt inne hat…“.
Luca di Montezemolo bevorzugt(e) immer Mitarbeiter, die auch mit Risiko arbeiteten. Er wolle keine Mitarbeiter, die immer nur zweiter werden wollen und bleiben. Es muss immer weiter-entwickelt werden. Das Personal, und eben, drittens, das Produkt mit gestalten! Auch das sei Leadership.
Um in der Formel-1 Leader zu sein, wie Michael Schumacher, Alonso oder Niki Lauda, bedarf es viel. Viel Arbeit außerhalb, nicht nur als Rennfahrer. Luca di Montezemolo muss es wissen, er holte sie und arbeitete mit allen zusammen.
„Du musst nicht nur viel trainieren, nein, Du musst ständig fokussiert und konzentriert sein. Sachlichkeit, Vorsicht und Risiko zugleich, den Mut zum Risiko haben, das macht einen guten Fahrer aus. Alle drei waren detailversessen, sie hörten ins Auto und in die Technik hinein, sie hielten immer Kontakt zum Team, zur Staff…“
„In meiner Firma arbeiten immer mindestens fünf, sechs verschiedene Teams. Nicht im Wettbewerb, aber alle für das selbe Ziel“, so der Italiener. Viele arbeiten bereits für das Rennen morgen, aber andere wiederum arbeiten am Ersatz-Auto, „das vielleicht erst gegen Ende der Saison genutzt werde.“
Fernando Alonso zum Beispiel, so Montezemolo, war immer ein „Team-Pusher“, stets positiv, „auch mit einem schwächeren Wagen“. Alonso verlor, und bedankte sich bei den Mechanikern und motivierte sie für die nächsten Aufgaben.
Und, in einer anderen Rede lobte und hob er einen anderen wahren Leader hervor, der allerdings bereits verstorben ist, und dem die Welt viel „Süßes“ zu verdanken hat: „Michele Ferrero“. Der Süßwarenhersteller, und dem Nutella-Erfinder.
Ferrero sei ein sozialer und bodenständiger Leader (und Patriarch) gewesen, auf „dem Level von Menschlichkeit, Professionalität und Qualität…“, Viel bewegender Applaus.
Ferrero, so di Montezemolo, sei ein Beispiel dafür gewesen, wie man ein globales Unternehmen dennoch modern und familiär führen könne, und aus dessen Biografie könne man mehr, als von jeder ökonomischen Studie herausziehen an Wissen. Enzo Ferrari, stand Montezemolo sehr nahe, und ist auf der selben Stufe zu nennen. Mit Ferrari war es die Liebe zu den Motoren und zum Land. Fast ein Vater-Sohn-Verhältnis…