Dass Wolfsburg wahrscheinlich mit London, Rom und München nur schwer mithalten kann, was die Lebensart und -qualität betrifft, kann man zwar nachvollziehen, nichtsdestotrotz, kann man auch rund um Wolfsburg und in Niedersachsen überhaupt sehr gut leben – die Leute dort sind bodenständig und ehrlich. Und dass der VfL Wolfsburg bei den Clubs zur gehobenen Mittelklasse gehört, wie viele der Autos auch, die aus dem VW-Werk kommen, hat sich in ganz Europa herumgesprochen. Spieler, besonders junge und talentierte, verdienen nicht wenig in Wolfsburg, und das sportliche Umfeld stimmt auch, besonders seit Felix Magath dort das Sagen hatte, und für ein professionelleres Umfeld sorgte. Nun ist zwar seit dem Meistertitel unter Magath schon wieder eine Weile vergangen, aber der VfL ist und bleibt eine wichtige und beliebte Hausnummer. Dass nun nach André Schürrle auch Julian Draxler weg möchte, und D A S nach nur einer Saison, wirft ein komisches Licht auf den VfL Wolfsburg, aber letztendlich auch auf den Spieler, Julian Draxler, der sich selbst total falsch einschätzt, oder einfach die falschen „Einflüsterer“ hat. Desaströser könnte die Außendarstellung Draxlers derzeit kaum sein…
Sommerloch hin oder her, es herrscht immer noch die heiße Transferphase, in der nur noch die pokern, die bei ihren Clubs hoch unzufrieden sind, oder gar keinen Club mehr haben, oder einfach frei und gefragt sind.
Nichts trifft so wirklich auf Julian D. zu – die erste Möglichkeit der Unzufriedenheit, soll dem Fan möglichst plausibel verkauft werden. Dass Julian Draxler beim VfL Wolfsburg unzufrieden sei, hat doch vor der Europameisterschaft gar niemand mitbekommen, und komischerweise wurde dies weder vom Spieler noch vom Club kommuniziert. In der Tat hätte nämlich auch der VfL Wolfsburg mit der allgemeinen Performance des Julian Draxlers hoch unzufrieden sein können: Leistung und Abslösesumme sowie Jahresgehalt standen in keinem Verhältnis – und somit zahlten auch die Fans zu viel Eintritt, weil der „Achte Platz“ einfach zu wenig war, und Julian Draxler einfach nie Spiele, wirklich wichtige, wie ein Leader allein zu Gunsten des VfL entschied.
So gesehen blieb Draxler weit unter den (vielleicht auch seinen eigenen?) Erwartungen zurück. Natürlich auch André Schürrle, aber das ist ein anderes Thema. Haben Draxler und seine Berater (es sind wohl zwei) nicht gewusst, wohin Julian D. wechselt, als sich der FC Schalke 04 nicht wirklich bemühte, ihn auch zu halten? Die hohe Ablösesummer war sehr verlockend, und oft wägt man ab, aber im Fall Julian D. war für Schalke schnell klar, für so einen schwierigen aber durchaus talentierten „Charakter“ bekommt man nicht alle Tage so viel Geld.
Wenn alles so stimmt, wie Julian Draxler nun über die Medien kommuniziert (natürlich mit dem Okay seiner Einflüsterer), dass er stets gesagt haben will, und das schon bei den Vertragsgesprächen vor der vergangenen Saison 2015/16, dass er, Julian D., den VfL Wolfsburg nur als Sprungbrett ansähe, dann muss sich die sportliche Führung des VfL aber die Frage stellen lassen, weshalb sie dann in den Vertrag keine Ablösesumme bei frühzeitigem Ausstieg (also eine Ausstiegsklausel) festgeschrieben hat. Oder etwa doch? Der kicker berichtet von einer Ausstiegsklausel über 75 Millionen Euro (!!!!!), aber erst 2017! Der Vertrag dauert aber bis 2020. Und, was für ein schräges Licht fällt auf Manager und Sportdirektor Klaus Allofs, ein ganz guter seiner Zunft, wenn ein Julian Draxler plötzlich den VfL, wie einen Stier am Nasenring, nicht durch die Arena, aber durch die Medien führt?
Und, man gewinnt beinahe den Eindruck, dass Trainer Dieter Hecking, zwar ein geradliniger aber anstrengender Coach, mit jungen und schwierigen Spielern kaum umgehen kann. Vielleicht waren es auch zu viele solcher Spieler:
Max Kruse (ein gefundenes Fressen für den Boulevard, und ein Fall für den Sozialpädagogen), André Schürrle (nett und umgänglich zwar, aber sehr kritisch und ansteckend – und als Weltmeister, sorry, was soll ich noch zeigen?) und nun auch noch Julian Draxler, der sich ganz plötzlich nicht mehr wohlfühlt, nur weil angeblich zwei, drei europäische Topclubs angeklopft haben?
Mal ganz ehrlich, das gleiche trifft aber auch auf den französischen Fußballstar Paul Pogba zu (und der ist im Gegensatz zu Draxler schon ein kleiner Leader, obwohl Pogbas Wert maßlos überschätzt wird), was hat denn Julian Draxler bisher „gerissen“. Was war bisher seine herausragende Leistung bei Schalke, beim VfL Wolfsburg und in der Nationalelf?
Ich habe mit einigen Fachleuten gesprochen, die ganz überrascht waren, dass Draxler überhaupt für die Europameisterschaft nominiert wurde. Es ist wohl wahr, dass Draxler das eine oder andere Mal Anzeichen seines Talents aufblitzen ließ, besonders gegen die schwache Slowakei, mit einem Tor und einer Vorlage, aber gegen die wirklich großen Gegner tauchte auch Draxler ab. Ist es nicht so, dass sich auch ein Julian D. noch stabilisieren und endlich zeigen muss, wie er seine Kräfte und sein Können effizienter einsetzt?
Ist ein Julian Draxler, so will er uns selbst, aber vor allem sein Management glauben machen, bereits ein „ausgelernter“ Superstar? Mitnichten. Eben diesem Spieler und seinen Beratern müsste man mit auf den Weg geben: Sein Marktwert würde noch höher steigen, wenn er in der kommenden Saison beim VfL Wolfsburg ALLES aus sich herausholt, und den Club in einen europäischen Wettbewerb schießt oder führt. Wie, ich höre mich naiv an? Nun, es ist ja sportlich, wenn man moniert und lamentiert, dass der Spieler an Wert verlöre, weil er nun plötzlich mit dem VfL nicht mehr in Europa spiele. Nun, hätte er sich doch mal angestrengt in der Champions-League mit dem VfL, zum Beispiel gegen Real Madrid!
Es ist ein Unfug, so zu argumentieren, dass es eine mündliche Zusage gegeben habe. Die PR, die ein Julian D. samt seinem Management-Team gerade abliefert, ist unterirdisch und eines Nationalspielers „unwürdig“. Bisher nimmt man nur zur Kenntnis, Draxler hat auf den VfL Wolfsburg, warum auch immer, keinen Bock mehr, und sein Kopf sowie der seines Beraters scheint total verdreht zu sein, ob der zwei, drei Anfragen… aus Turin, von Juventus? Oder aus London von Arsenal? War es gar der AC Mailand? Wie auch immer, in der heißen Transferphase geht es oft drunter und drüber. Wahre Größe hätte Draxler gehabt, wenn er sich ab der kommenden Saison beim VfL nochmals reingehängt hätte, und in der Nationalelf scheint er ja gesetzt und er hätte seine europäische Plattform. Nationalspieler verlieren selten an Wert!
So aber scheint der Abschied fest zu stehen, welcher Club kann es sich schon leisten, einen Spieler gegen dessen Willen zu halten?
Was sind dann aber Verträge allgemein noch Wert?
Es zeigt aber auch, dass sich Beratungsagenturen langfristig gesehen ins „eigene Bein schießen“, wenn nur die Millionen aber weniger die Leistungen zählen.
Es geht um die eigene Absicherung.
Da war Mario Götze wenigstens in (s)einer Sache konsequenter: Der WM-Finalschütze trennte sich von seinem Berater!