Der FC Barcelona mit seiner Philosophie der vergangenen Jahre, sowie von heute, sind, wie Bayern-Coach Pep Guardiola, ein Produkt des Totalen Fußballs nach Johan Cruyff. Der holländische Star der 70er Jahre sowie spätere Spieler und Trainer von Barcelona initiierte und transferierte diesen Fußball quasi aus Holland nach Katalonien. Ganz dem Motto, „Angriff ist die beste Verteidigung“, muss(te) kein Spieler mehr fest auf seiner Position bleiben. Auch die Verteidiger sind dazu angehalten, stets anzugreifen, den Gegner unter Druck zu setzen, und selbst Angriffe einzuleiten. Ziel blieb bis heute, „den Platz bei Ballbesitz in seiner ganzen Breite zu nutzen, bzw. den Raum bei gegnerischem Ballbesitz eng zu machen.“ Seit längerem zwar schon auf dem Markt, aber immer wieder aktuell und interessant, ist das Buch „Mythos Niederländischer Nachwuchsfußball“ von den Experten und Fußballtrainern Peter Hyballa und Hans-Dieter Te Poel.
Jedenfalls ist den beiden DFB-Fußballlehrern ein sehr gutes, weil interessantes Buch gelungen. Vor vier Jahren bereits erschienen, ist es immer aktuell und erklärt anhand zahlreicher Interviews und Graphiken auch die Entstehungsgeschichte und Philosophie hinter dem offensiven niederländischen Angriffsfußball, den einige Trainer favorisieren. Fußball soll zwar erfolgreich sein, aber nicht nur ergebnisorientiert. Immer wieder weist Louis van Gaal daraufhin, dass seine Teams dominant und schön spielen sollen.
Peter Hyballa, der u. a. Alemannia Aachen und SK Sturm Graz als Profi-Trainer im Lizenzspielerbereich trainierte, leitet nun die Geschicke der U19 bei Bayer Leverkusen (davor die Junioren von Wolfsburg, dem BVB und die RB Salzburg Juniors). Es wird auch immer wiederholt, dass die am besten ausgebildeten Trainer, also Fußballlehrer, im Juniorenbereich arbeiten sollen. Die Ausbildung als A und O für den Profibereich später.
Das AJAX-Modell oder dessen Ableger „La Masía“ beim FC Barcelona sollen nicht von anderen simpel „kopiert“ werden, vielmehr sollen Clubchefs, Nachwuchskoordinatoren und Trainer gemeinsam überlegen, wie man Komponenten des Totalen Fußballs in die eigene Spielphilosophie einbettet (?) .
Fußball ist Business (thematisierten wir bereits im „EDITORIAL“), selbst Juniorentrainer und und NLZ-Leiter verlieren ihre Jobs, wenn die Erfolge im U17 und U19-Bereich ausbleiben. Zeit und Geduld in der Entwicklung scheinen die wenigsten Vereine aufzubringen – nicht nur im Junioren-Bundesliga-Bereich !
Die Talenterkennung und Talentsichtung nimmt in diesem Buch ebenso einen Part ein, wie die Talententwicklung, für die man eben Zeit und die besten Trainer brauche. Man bilde mehr in Richtung Seniorenmannschaft aus, das Gewinnen spiele anfangs in den Niederlanden eine untergeordnete Rolle. Selbst Amateurclubs in Holland seien viel mehr, als nur ein Fußballverein. Auch soziale Aktivitäten außerhalb spielen eine Rolle.
Die holländischen Trainer sind überzeugt, dass man in einem kleinen Land die Kräfte ganz anders bündeln könne.
Schwerpunkt und Hauptaugenmerk sind ganz klar in der Spieleröffnung!
Interessant auch, das Zitat von Redakteur Paul Van Veen, Fachzeitschrift trainersmagazine, über den deutschen und holländischen Fußball: „Ich denke, dass in Deutschland eine enorme Entwicklung stattgefunden hat (Anm. des Autors, Zitat weit vor dem Gewinn des WM-Titels 2014). Wenn sie diese heutige Art, Fußball zu spielen, mit ihrer enormen deutschen Willenskraft verbinden, dann werden sie in Zukunft enorm stark sein!“
Des Weiteren heißt es, „ein guter Nachwuchstrainer stellt auch viele Fragen, statt nur Befehle zu erteilen. Die Spieler müssen im Wettspiel selbst Lösungen suchen.“
Das war und ist in den Niederlanden von je her gegeben, dass das Fußballspiel ein Spiel ist, und Spaß machen soll!
(Undenkbar, wie noch vor einem Jahr auf der Ostalb bei einem kleinen Vorortverein geschehen, dass der „selbst ernannte“ U10-Koordinator und Coach stets die gleichen Spieler vom Wettbewerb am Wochenende ausschloss! Und kaum einer wagte, dagegen anzugehen. Letztendlich durfte auch dieser Coach, der gar über andere Trainer bestimmte, nicht mehr trainieren! Kindertränen aus Frustration haben im Kinderfußball, vor allem im U12- und U10-Bereich nichts verloren!)
Ein wichtiges Buch also, für angehende Juniorentrainer, aber auch für die Vereinsverantwortlichen. Der Grundstein für spätere Erfolge wird immer im Juniorenfußball gelegt. Zeit und Geduld müssen Hand-in-Hand gehen.